Viele kennen sie noch aus der Studienzeit oder der Ausbildung: die WG. In der Wohngemeinschaft wird gemeinsam gekocht, ein unliebsamer Putzplan aufgestellt und unterhaltsame Abende verbracht. Ein Modell, das nicht nur im jungen Alter funktioniert, sondern auch für Senioren. Von diesen sogenannten ambulant betreuten Wohngemeinschaften profitieren ältere Menschen in vielerlei Hinsicht. Senioren erhalten unter anderem Pflege im Alter, haben weiterhin ein selbstbestimmtes Leben und sind nicht einsam.
Allerdings müssen die Initiatoren einer Senioren-WGs in rechtlicher Hinsicht einige gesetzliche Vorgaben zu beachten - vor allem bei der Gründung. Insbesondere ist eine Vielzahl von Verträgen und Vereinbarungen für die ambulant betreute Wohngemeinschaft zu schließen.
Häufige Fragen zu ambulant betreuten Wohngemeinschaften
Was ist eine Senioren-WG?
Die Definition einer Senioren-WG ist im Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) festgelegt. Demnach dienen ambulant betreute Wohngemeinschaften dazu, dass pflegebedürftige Menschen in einem gemeinsamen Haushalt leben und einen externen Pflege- oder Betreuungsdienst beauftragen können. Das ist unabhängig von einem Bewohner-Wechsel, oder ob die WG von einem Träger initiiert wird.
Damit eine Senioren-WG als solche anerkannt wird, müssen diese Punkte erfüllt werden:
- Die Selbstbestimmung der Senioren bleibt erhalten.
- Pflege- und Betreuungsdienst sowie Art und Umfang der Leistungen sind frei wählbar.
- Betreuungs- und Pflegedienst dürfen kein Büro in der WG oder in der Nähe haben.
- Die ambulant betreute Wohngemeinschaft ist selbstständig. Sie ist kein Teil einer stationären Einrichtung.
- Ein Anbieter darf nicht mehr als zwei WGs in unmittelbarer Nähe betreiben.
- In einer Senioren-WG leben maximal zwölf pflege- oder betreuungsbedürftige Bewohner.
Die Bewohner der Senioren WG bilden ein Gremium der Selbstbestimmung. In dem Gremium sind alle Mieter beziehungsweise deren Angehörige vertreten. Die Gruppe bestimmt etwa darüber, welcher Anbieter für die Pflege engagiert wird. Neben einem ambulanten Pflegedienst gibt es zum einen eine Präsenzkraft. Sie übernimmt organisatorische und verwaltende Aufgaben. Sie fördert das Gemeinschaftsleben, indem sie beispielsweise den Besuch von Tanzveranstaltungen oder Festen organisiert. Zum anderen leistet eine Betreuungskraft psychosoziale Betreuung oder übernimmt sonstige vereinbarte Betreuungsleistungen.
Wer kann eine Senioren-WG gründen?
Grundsätzlich kann jeder eine ambulant betreute Wohngemeinschaft gründen. Bewohner oder Angehörige können die Gründung einer solchen WG übernehmen. Dann spricht man von einer selbstorganisierten Wohngemeinschaft. Die Senioren (oder die Angehörigen) verwalten und organisieren die WG. Sie entscheiden beispielsweise, wer in die Gemeinschaft einzieht oder wie der Alltag abläuft.
Häufiger werden Senioren-WGs von Pflegediensten, Betreuungsdiensten, Kommunen oder Bürgervereinen gegründet. Bei trägergestützten Wohngemeinschaften bestimmt der Anbieter über neue Bewohner oder über die Gestaltung der Gemeinschaftsräume.
Bei beiden Gründungsformen sind gewisse Verträge unerlässlich. Sie entscheiden darüber, welche Gesetze greifen sowie welche Leistungen von Kranken- und Pflegekassen übernommen werden. Sind beispielsweise Leistungen nicht klar definiert oder abgegrenzt, besteht die Gefahr, dass die Krankenkasse Zahlungen streicht.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Für das Leben in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft müssen mehrere Verträge geschlossen werden. Bei der Gründung sollten Sie an folgende Unterlagen denken:
- Mietvertrag über das WG-Zimmer
- Vertrag über die Leistung der Präsenzkraft
- Vertrag über die Leistung der Betreuungskraft
- Vertrag mit dem Pflegedienst
- WG-Satzung / Gremiumsvereinbarung
Erfüllen die pflegebedürftigen Senioren bestimmte Anforderungen, steht ihnen ein Wohngruppenzuschlag von 214 Euro pro Monat zu. Davon kann beispielsweise die Präsenzkraft bezahlt werden. Sind die Senioren an der Gründung der WG beteiligt, können sie zusätzlich eine einmalige Förderung von 2.500 Euro pro Person erhalten. In der Praxis werden diese Leistungen von der Pflegekasse häufig nicht gewährt. Es sei nicht vorgesehen, dass sich die Bewohner aktiv einbringen, lautet beispielsweise ein Grund für die Ablehnung. Ein weiterer Anlass, so etwas in einem Vertrag ausdrücklich festzuhalten.
Warum der Vertrag für ambulant betreute Senioren-WG wichtig ist
„Es ist unabdingbar, sorgfältig darauf zu achten, dass alle erforderlichen Verträge und Vereinbarungen abgeschlossen werden“, erklärt Marc Doßler, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Sozialrecht der Kanzlei Leschnig & Kollegen aus Würzburg. Häufig werde das in der Praxis recht sorglos gehandhabt, wodurch Probleme vorprogrammiert seien, weiß Doßler aus Erfahrung.
Das geht so weit, dass die Pflegekasse gewisse Zahlungen ablehnt. Das hat zu mehreren Rechtstreits vor Bayerns Sozialgerichten geführt. Die AOK Bayern hat sich geweigert für die häusliche Krankenpflege zu zahlen. Nach deren Auffassung könnte die Präsenzkraft Kompressionsstrümpfe anziehen, Blutzucker messen oder Medikamente reichen. Für diese einfachste Behandlungspflege bräuchte es keinen ambulanten Pflegedienst.
Das Sozialgericht Landshut sieht das anders und hat die AOK zur Zahlung verpflichtet. Eine vergleichbare Entscheidung gab es beim Sozialgericht Nürnberg. Auf die Berufung der AOK hat nun auch das Landessozialgericht München die erstinstanzlichen Urteile bestätigt. Ein Grund zum Feiern ist es für die Betroffenen allerdings nicht. Die AOK kann gegen die Urteile noch Revision beim Bundessozialgericht einlegen.
„Keinesfalls bedeuten diese Urteile, dass die Krankenkassen generell die Leistungen der Behandlungspflege in den Senioren-WGs zu übernehmen hätten.“ Darauf weist Experte Doßler deutlich hin.
Tipps vom Experten für den Vertrag
Es ist also ein wasserdichter Vertrag nötig, um einen Streit vor Gericht zu vermeiden. In dem Vertrag über die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen sollte dringend festgehalten werden, dass die Wohngruppe den Auftrag gibt. Ansonsten haben die Bewohner keinen Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag.

Außerdem sollte in dem Vertrag klar formuliert werden, dass weder die Präsenzkraft noch die Betreuungskraft Aufgaben der Pflege übernimmt, rät Marc Doßler. Diese Verträge schließt das Gremium der Senioren-WG ab. Darüber hinaus schließt jeder einzelne Bewohner einen Mietvertrag mit dem Vermieter der Wohngemeinschaft. Auch den Vertrag mit einem selbst gewählten Pflegedienst schließt jeder Bewohner für sich – sofern einer notwendig ist.
Rechtsanwalt Marc Doßler rät Betreibern von Senioren-WGs zur Sorgfalt: „Die gesetzliche Krankenkasse zahlt nur, wenn die Selbstbestimmung und die Wahlfreiheit der Bewohner sichergestellt sind. Dafür müssen in den einzelnen Verträgen die jeweiligen Leistungen klar voneinander abgegrenzt werden.“
- Sie suchen für die Gründung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft nach einer kompetenten Beratung? Die Anwaltskanzlei Leschnig & Kollegen aus Würzburg unterstützt Sie gerne.