Es gibt nicht viele Menschen auf der Welt, die solch eine Situation mit so viel Klasse und Selbstironie gemeistert hätten. Ottfried („Otti“) Fischer aber sitzt im vergangenen Jahr in München im Gerichtssaal, wo er einen Rechtsstreit mit der „Bild“-Zeitung ausficht. Es geht um ein Video, das Fischer beim Sex mit Prostituierten zeigen soll. Als er mit dem Vorwurf konfrontiert wird, er zeige sich doch auch auf dem roten Teppich mit Freundinnen, sagt er sinngemäß und sehr trocken: „Ja, aber in der Regel sind die dann angezogen.“
Es sind Momente wie dieser, die zeigen, was für ein Typ dieser Mensch ist, der die Kraft des Humors nutzen kann, der Fernsehzuschauern außerhalb Bayerns vor allem als Sir Quickly aus der Kultserie „Irgendwie und Sowieso“, als dicker Polizist „Bulle von Tölz“ oder als „Pfarrer Braun“ bekannt ist – als humorvoller und traditionsbewusster Vorzeige-Bayer.
Scharfzüngig und wortwitzig
Dass Fischer, der im Bayerischen Wald geboren wurde und aufwuchs, aber viel mehr ist als dieser „dicke Mime“, wie er sich selbst manchmal nennt, das hat er immer wieder unter Beweis gestellt. Sein Zuhause ist die Bühne, das Kabarett. Trotz schwerer Krankheit hat er an Wortwitz und Scharfzüngigkeit nichts eingebüßt. Am Donnerstag (7. November) wird Fischer 60 Jahre alt. Um diesen Ehrentag will er nicht viel Aufhebens machen, sagte er kürzlich der Münchner „Abendzeitung“: „Ich feiere Geburtstage nicht. Ich habe keine Zeit, die Leute zu unterhalten.“
Hin und wieder findet er diese Zeit doch. Immer dann, wenn er mit der Band „Die Heimatlosen“ auf der Bühne steht – oder in seiner jüngst erschienenen Biografie „Das Leben – ein Skandal“, in der er Episoden aus seinem Leben mit bewundernswerter Leichtigkeit erzählt und beispielsweise über jene unglückliche mit der „Bild“-Zeitung schreibt: „Meidet Redaktionen, in denen alle die gleiche Frisur haben wie der Chefredakteur.“
Diese Leichtigkeit ist so bewundernswert, weil Fischer in den vergangenen Jahren bekanntermaßen einiges mitgemacht hat. Im Jahr 2008 machte er seine Parkinson-Erkrankung öffentlich, die ihn inzwischen sehr gezeichnet hat.
„Er steht natürlich immer neben mir, das weiß ich schon, der Kollege Parkinson“, schreibt Fischer in seiner Biografie, die er seiner Mutter gewidmet hat. „Aber dadurch bin ich auch nie allein.“ Auch dank „Kollege Parkinson“ hat er oft Abschied nehmen müssen in den vergangenen Jahren – von seiner Paraderolle als „Bulle von Tölz“ zum Beispiel und von seinem geliebten Kabarett-„Schlachthof“ im Bayerischen Fernsehen. Nach 17 Jahren und mehr als 170 Sendungen machte Fischer Schluss – „vorsichtshalber“, wie er sagte. In der letzten Sendung im November vergangenen Jahres verlas der Vater zweier Töchter dort sein „politisches Testament“. Was solle nur aus Deutschland werden, wenn sein „Schlachthof“ nicht mehr ist, fragte er. Sein Szenario: Mit Gabriele Pauli endet die frühchristliche Zeit in Bayern, die CSU wird zur Splitterpartei und fusioniert mit den Piraten, und Lothar Matthäus wird Trainer beim TSV 1860 München – weil ohne den „Schlachthof“ niemand mehr da ist, der etwas dagegen tun kann.
Die Sendung ging schließlich ohne ihn weiter. Mit Christian „Fonsi“ Springer und Michael Altinger traten bekennende Fischer-Bewunderer in seine Fußstapfen. Doch auch Fischer selbst hat keineswegs vor, dem „Kollegen Parkinson“ das Feld zu überlassen.
Neues Bühnenprogramm
Kurz nach seinem 60. Geburtstag geht er mit seiner Biografie auf Lesetour, startet zudem ein neues Bühnenprogramm – und auch für das Fernsehen hat er Pläne. Eine Kabarettsendung im Privatfernsehen könne er sich vorstellen, sagte er bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises, bei der er für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Konkrete Verträge gibt es nach Angaben seiner Managerin zwar nicht, aber: „Das weiß man bei Herrn Fischer nie so genau. Er hat auf jeden Fall noch viel vor.“
Einer seiner Pläne führt Ottfried Fischer weg von der Bühne und hin zum Museumsbetrieb. In einem Haus in Passau, das er von seinen Großeltern geerbt hat, will er ein Hochwasser-Museum eröffnen, als Mahnmal für die Verwüstungen der Flut in diesem Sommer, als kabarettistisches Mahnmal. „Zum Menschlichen gehört auch, dass man zumindest hinterher drüber lachen kann“, sagt Fischer dazu. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Ein Lebensmotto.