Doch Gottfried John hat es geschafft. Er hat Karriere gemacht als Schauspieler, kassierte den Lohn für viele harte Jahre. Nicht nur in Deutschland, auch international wurde er berühmt, vor allem als Bösewicht im James-Bond-Film „GoldenEye“. Am Mittwoch, 29. August, wird der Film- und Theaterschauspieler mit der eindringlich tiefen Stimme 70 Jahre alt.
1942 kommt John in Berlin auf die Welt – unehelich. Der Vater ein bereits verheirateter, nazitreuer Ingenieur, die Mutter eine junge Frau aus katholischem Elternhaus. „Ein gefallenes Mädchen. Eine Schande für ihre bürgerliche Familie“, wird es John später in der Autobiografie „Bekenntnisse eines Unerzogenen“ formulieren. Statt Familienglück ein vagabundierendes Leben mit einer Mutter, die vom Künstlerdasein träumt. Ihr Sohn stottert, plagt sich in der Schule und landet immer wieder im Heim. Trotzdem erlebt er auch viele Glücksmomente.
Der Traumberuf der Mutter
Mit 15 Jahren flieht John aus dem Erziehungsheim. Paris ist die Stadt seiner Träume. Tatsächlich schlägt er sich mit seiner Mutter bis in die französische Hauptstadt durch. Das Leben dort ist nicht minder hart als in Berlin, doch Mutter und Sohn finden immer einen Weg, um gerade so zu überleben, oft am Rande der Legalität. Irgendwann wird die Sehnsucht nach einem festen Auskommen zu groß. Also probiert John den Traumberuf seiner Mutter aus – die Schauspielerei.
Eine Entscheidung, die sein Leben von Grund auf umkrempelt. Die Aufnahmeprüfung an der renommierten Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel in Berlin schafft er nicht. Er nimmt privaten Unterricht und gibt noch während seiner Ausbildung sein Theaterdebüt am Berliner Schiller-Theater. Besonders gerne arbeitet er mit dem Regisseur Hans Neuenfels zusammen, etwa in Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“. Neuenfels habe ihn besonders beeindruckt. „Von ihm habe ich gelernt, die Ebene unter der Oberfläche zu entdecken“, sagt John. Prägend war auch Rainer Werner Fassbinder, der ihn 1972 für den ARD-Fünfteiler „Acht Stunden sind kein Tag“ als Hauptdarsteller engagiert. Lange bleibt er Fassbinder und dem neuen deutschen Film treu, spielt in „Die Ehe der Maria Braun“, „Berlin Alexanderplatz“ und „Lili Marleen“. Auch in Fassbinders „Theater am Turm“ tritt er auf, ist er doch fasziniert von der Arbeitsweise und der Schnelligkeit des berühmten Filmemachers, der den Darstellern große Selbstständigkeit zugesteht. „Das hat mir bei internationalen Produktionen sehr geholfen“, erinnert sich John. „Das war eine sehr lebendige Zeit, sehr intensiv, sehr spannend.“ Noch heute ist er dem 1982 gestorbenen Regisseur dankbar für seine Ratschläge: „Dinge noch mal abzuklopfen, nachzufragen. Nicht gleich etwas als Klischee anzunehmen und zu verinnerlichen, sondern zu hinterfragen und zu untersuchen.“
Klaus Maria Brandauers Dreigroschenoper
Auch nach Fassbinder bleibt der Deutsche mit der markanten Nase und den sanft-braunen Augen begehrt. Für Volker Schlöndorff spielt er in „Der Unhold“ mit John Malkovich. Er ist in Krimiserien wie „Tatort“ und „Derrick“ zu sehen. Für seinen Julius Caesar in „Asterix und Obelix gegen Caesar“ wird er mit dem Bayerischen Filmpreis als bester Nebendarsteller geehrt. 2006 holt ihn Klaus Maria Brandauer für seine Inszenierung von Brechts „Dreigroschenoper“ auf die Bühne des Berliner Admiralspalastes. Einer seiner größten internationalen Erfolge: 1995 die Rolle des Generals Ouromov im James-Bond-Streifen „GoldenEye“ als Gegenspieler von Pierce Brosnan.
Die US-amerikanische Filmindustrie lockt, doch vollständig nach Hollywood wechseln will John nicht. „Ich will es gestehen, dass ich in Amerika plötzlich begriffen habe, dass ich tief in meinem Herzen Europäer bin“, beschreibt er seine Gefühle. „Ich arbeite gerne in den USA, aber ich liebe Europa. Die amerikanische Art ist mir nicht wesensverwandt.“
John macht nicht gerne großes Gewese um sich. Er mag es zurückhaltend, genießt mit seiner Frau Brigitte das idyllische Leben auf dem Land zwischen Feld, Wald und Ammersee. Es sei auch keine große Geburtstagsparty geplant. „Ich werde innerlich feiern, ohne große Fete, sondern mit meiner Brigitte zurückgezogen.“ Text: dpa/Tbr