Außergewöhnlich war die Instrumentierung beim Abschlusskonzert der 41. Würzburger Bachtage in der St. Johanniskirche. Es traf das Orgelspiel von Lilo Kunkel, im Hauptberuf Dozentin an der Würzburger Musikhochschule, auf die Flöte des Augsburger Musik-Allrounders Martin Schuster, der seit 1978 immer wieder mit Großprojekten in Würzburg zu Gast ist, unter anderem mit dem „Rock Requiem“. Vielseitig waren die Stücke des eigens für diesen Abend zusammengestellten Programms unter dem vieldeutig-metaphorischen Titel „Bach im Fluss“, bei dem sowohl Bach- wie auch Jazz-Puristen auf ihre Kosten kamen.
Mit ins Jazzige spielenden Bearbeitungen von Bach-Stücken, die etwa sein Italienisches Konzert in „Italian Swing“ verwandelten, und technisch perfekter Interpretation holten Kunkel und Schuster im Duo, aber auch solo den Klassiker in den Strom der musikalischen Gegenwart. Aber auch zeitgenössische Arbeiten von Kunkel selbst, von den Würzburger Komponisten Zsolt Gardonyi und Erwin Horn sowie vom verstorbenen Berthold Hummel (1925 - 2002) meisterten in ihren gefühlvollen Neubearbeitungen mühelos den Spagat zwischen sakraler und weltlicher Klangwelt. Selbst eine unvollendete, schwermütige Bruckner-Skizze, bearbeitet vom Kitzinger Komponisten Armin Knab (1881 - 1951) und vom Würzburger Bruckner-Experten Erwin Horn neu für Flöte und Orgel transkribiert, offenbarte eine überzeitliche Gegenwärtigkeit.
In ganz neuem, unerhörtem Gewand präsentierten sich die oft gespielten Tangos von Astor Piazzolla, deren Schwermut und Leidenschaft im perfekten Wechselspiel von Orgel und Flöte ausgesprochen leichtfüßig daherkamen und zum Höhepunkt des Abends wurden. Für den gleichermaßen kurzweiligen wie exquisiten Ausklang sorgten Lilo Kunkels Bearbeitungen von Jazz-Standards für Orgel solo sowie Flöte und Orgel, in der sie nochmals ihr meisterhaftes Können als eine der wenigen Kirchenorgel-Jazz-Organistinnen unter Beweis stellte. Passenderweise mit „What a Day“ verabschiedeten Kunkel und Schuster ihr Publikum aus neugierigen musikalischen Grenzgängern frohgestimmt in die regentrübe Novembernacht.