(dpa) Für Erwin Schrott hatten sich bisher vor allem Boulevardmedien interessiert. Der Lebensgefährte von Starsängerin Anna Netrebko wurde entweder als Mischung aus Siegfried und Antonio Banderas oder als feuriger Latino beschrieben, das Paar zu „Brad Pitt und Angelina Jolie“ der Oper erklärt. Nach seinem Debüt bei den Salzburger Festspielen hat sich der Wind gedreht.
Neben der im Saal jubelnden Anna Netrebko lobten auch die Fachleute Schrotts Kunst. Für seinen Leporello in der „Don Giovanni“–Premiere bekam der Bassbariton aus Uruguay von den Kritikern gute bis sehr gute Noten. In der vergangenen Woche wurde Schrotts erste Arien-CD vorgestellt. Mit dem Werbemotto „Die Oper ist Schrott-reif“ lieferten die Marketing-Experten gleich den Kalauer mit. Mit seiner dunklen Stimme ist Schrott eher für die trüben Gestalten der Oper geschaffen, von Berlioz' „Méphistophéles“ bis Meyerbeers „Robert le diable“ oder Verdis „Don Carlos“. Im Rampenlicht stand Schrott als Netrebkos Gefährte schon länger, vor allem als bekannt wurde, dass er der Vater ihres Kindes ist, das im Herbst zur Welt kommen soll. Schrott nimmt die Medienaufmerksamkeit gelassen. „Ich will nicht berühmt werden, sondern nur das tun, was mir gefällt“, sagte der 36-Jährige.
Die Karriere des 1972 in Montevideo geborenen Sängers hatte längst begonnen, als er im vergangenen Sommer die Sopranistin in London traf. Schon mit 15 Jahren hatte er sich auf Anraten von Freunden am Konservatorium in Montevideo vorgestellt – wurde aber wieder nach Hause geschickt. „Man hatte Angst, dass ich meine Stimme ruinieren könnte.“ Schrott ließ nicht locker. Mit 22 Jahren stand er erstmals in seiner Heimatstadt auf der Bühne. Es folgten Auftritte an Opernhäusern in Buenos Aires, Rio de Janeiro und Santiago de Chile.
1996 ging er nach Europa, „vor allem, um zu lernen“, wie er sagt. Mit einem Stipendium konnte er beim großen italienischen Bariton Leo Nucci in die Lehre gehen. Zum Durchbruch verhalf der erste Platz in dem von Plácido Domingo initiierten Operalia-Gesangswettbewerb, Aufträge an großen Häusern in Europa und den USA folgten. „Der größte Lehrmeister ist die Bühne“, sagt der Sänger. Vor allem in Mozart-Rollen machte er sich einen Namen. Zu Schrotts Paradepartie wurde zunächst der Verführer Don Giovanni, den er erstmals 2002 in New York sang. Die „New York Times“ feierte ihn als den „verführerischsten und witzigsten Don Giovanni“.
Lieber spielt Schrott allerdings den Helfer Leporello. „Es ist die interessantere Rolle, weil sie nicht so klar gezeichnet ist wie Don Giovanni.“ Tatsächlich loben Kritiker in Salzburg vor allem Schrotts darstellerische Wandlungsfähigkeit. Ein gemeinsamer Auftritt mit Anna Netrebko ist nicht geplant. Das Paar wird sich in Wien niederlassen, nach der Babypause will die Diva wieder auf die Bühne zurückkehren. „In Zukunft und Gegenwart bin ich Vater, Freund und Ehemann“, sagt Schrott.
Er habe zwar keine Erfahrung als Vater eines Sohnes. Aus einer früheren Ehe hat er aber eine heute zehnjährige Tochter, „ein wunderbares Wesen“. Wenn demnächst Anna Netrebko mit ihrem Bühnenpartner Rolando Villazón in der Verfilmung von Giacomo Puccinis Oper „La Boheme“ auf der Leinwand zu sehen sind, wird Schrott im Saal sitzen.