Bis vor nicht allzu langer Zeit war es eher ungewöhnlich, wenn junge Pianisten sich mit Bach profilierten, anstatt mit Chopin oder Rachmaninoff. Das hat sich seit Martin Stadtfelds fabelhaftem CD-Debüt der Goldberg-Variationen 2003 geändert. Es wird wieder Bach gespielt und eingespielt. Nun legt die Würzburger Pianistin Annhelena Schlüter ihre Version des „Alten Testaments der Klaviermusik“ (Hans von Bülow) vor: das Wohltemperierte Klavier, Teil 1. Und findet dabei einen ebenso persönlichen wie unprätentiösen Zugang. So widersteht sie der Versuchung, das C-Dur-Präludium für einen originellen Einstieg zu nutzen. Im Gegenteil: Das wirkt im ersten Moment fast eine bisschen konventionell. Doch dann entfaltet sich sehr schnell ein Universum aus Licht, Farbe und Form. Das entrückte Porträt auf dem Cover mag einen esoterischen Zugang suggerieren, tatsächlich ist Annhelena Schlüter ganz nah an diesen zweiteiligen Miniaturen durch alle Tonarten. Das Ergebnis ist facettenreich, intensiv, energisch, sensibel, nachdenklich und nicht selten voller Swing. maw
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