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Christian Springer oben ohne

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Christian Springer oben ohne

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    Christian Springer: „Ich wollte nie mit Kabarett die Welt retten.“
    Christian Springer: „Ich wollte nie mit Kabarett die Welt retten.“ Foto: Foto: Günter Schmied

    Der Münchner Kabarettist Christian Springer, bekannt als Fonsi, grantelnder Kassenwart von Schloss Neuschwanstein, moderiert mit Michael Altinger das Fernseh-Kabarettformat „Schlachthof“. Im Interview spricht der 49-Jährige, im vergangenen Jahr mit dem Bayerischen Kabarettpreis ausgezeichnet, über „Oben ohne“, sein erstes Bühnenprogramm seit über zehn Jahren ohne Fonsi, seine Nockherberg-Erfahrungen und sein ehrenamtliches Syrien-Engagement.

    Frage: Worum dreht sich „Oben ohne“?

    Christian Springer: Der Titel des neuen Programms ist in mehrfacher Hinsicht wörtlich zu nehmen. Wer jetzt aber hofft, ich mache mich obenrum frei, ist falsch gewickelt, es geht nicht um FKK.

    Sondern?

    Springer: Ich trete „oben ohne“ auf, also ohne Fonsi-Mütze, die kommt in die Dauerreinigung, Das Programm wird politischer als bisher. Wie unser Leben auch. Es geht um Geld, Gewalt, und die alltägliche Dummheit.

    Dreht sich Ihr neues Programm auch um das Land Bayern?

    Springer: Ich gehe in „Oben ohne“ auch der Frage nach, was wäre, wenn die bayerische Geschichte ganz anders verlaufen wäre. Bayern lebt von Mythen. Was wäre Bayern ohne König Ludwig II., Oktoberfest, Wildschütz Jennerwein?

    Inwiefern ist der Programmtitel politisch wörtlich zu nehmen?

    Springer: „Oben ohne“ geht auch auf den Kampf mit der Obrigkeit ein, mit denen „da oben“, wo wir „unten“ immer weniger zu sagen haben und unsere Meinung kaum berücksichtigt wird. Angesichts des Trends, dass ein Skandal vom nächsten abgelöst wird, weiß man schon nicht mehr, ob diese Skandale und Skandälchen absichtlich gesät werden, damit wir das größere Ganze vergessen. Gleichzeitig habe ich mein neues Programm auch mit Quatsch und Schmarn unterfüttert, so dass „Oben ohne“ ein unterhaltsamer Abend wird – vor allen Dingen auch für mich.

    Sie haben sich vom populären Fonsi verabschiedet, den Sie vor 15 Jahren zum Leben erweckt haben. Warum?

    Springer: Der Fonsi ist 1999 auf dem Oktoberfest entstanden, er hat mich toll begleitet, und ich mag ihn auch sehr. Seit einiger Zeit ist der Springer im Fonsi stärker geworden. Sehr viel, was ich zuletzt als Fonsi auf der Bühne gemacht habe, hätte auch vom Springer kommen können.

    Der Fonsi war im TV regelmäßig präsent, Sie sind es als Gastgeber im monatlichen BR-Format „Schlachthof“. Welche Rolle in Ihrem Wirken spielt Fernsehpräsenz?

    Springer: In der heutigen Zeit kommt kein erfolgreicher Kabarettist mehr an Präsenz in Fernsehen, Radio und Internet vorbei. Das ist auch in Ordnung. Man muss etwas anders arbeiten im Fernsehen, man hat weniger Zeit. Auf der Bühne kann ich auch mal zehn Sekunden nichts sagen und nur schauen, das können die Leute lustig oder spannend finden. So mancher Fernsehredakteur würde in dieser Situation wohl einen Herzanfall bekommen.

    Und auf der Bühne?

    Springer: Die Bühne hat eine andere Dynamik. Auf der Bühne kann man die Leute live mitnehmen, von den lauten, schnellen wieder in die langsamen, leisen Momente schwenken.

    Anlässlich des Nockherberg-Derbleckens Mitte März: Im Vorfeld hat sich kurzfristig der als Seehofer-Double vorgesehene Wolfgang Krebs zurückgezogen – wie stehen Sie zum Nockherberg-Aus als Co-Autor von Michael Lerchenberg 2010?

    Springer: Der Nockherberg wäre nicht der Nockherberg, wenn es nicht Wochen vor der Veranstaltung Skandal-Überschriften in der Münchner Presse gäbe. Davon lebt der Nockherberg, da muss etwas los sein, da muss es im Ensemble krachen.

    Sie selbst waren diverse Male dort aktiv.

    Springer: Persönlich und beruflich habe ich viele Erinnerungen an der Nockherberg, wo ich als Kind vor 1200 Leuten Zither gespielt und als Jugendlicher Franz-Josef Strauß bei einer CSU-Veranstaltung mit zwei Eiern beworfen habe und dann verhaftet worden bin. Obwohl die Eier ihr Ziel verfehlt haben, hat mich Strauß damals persönlich angezeigt wegen Körperverletzung.

    Nachdem Sie seinerzeit mit Hausverbot belegt worden sind, kehrten Sie später beruflich zurück.

    Springer: Ich bin im Jahr 2000 als Co-Autor für das Singspiel engagiert worden, und ich bin zudem als Erzengel in Minirock und Dauerwellenperücke auf der Bühne gestanden – das war großartig. Die Arbeit als Co-Autor von Michael Lerchenberg als Fastenprediger „Bruder Barnabas“ mussten wir nach drei Jahren 2010 beenden, nicht auf Druck der Brauerei, sondern seitens Politikern im Publikum.

    Nach über 30 Jahren im Kabarett: Was war und ist Ihre Motivation?

    Springer: Dies hat sich im Lauf der Jahre verändert, weil ich mich als Person verändert habe. Ich glaube, dass ich ernsthafter geworden bin. Ich rede auf der Bühne mehr über mich und die echten Belange. Ich sage: Ich habe auch keine Lösung, aber so ist es – auf unterhaltsame Weise vorgetragen. Ich bin ja kein Nachrichtensprecher.

    Sie sind auch außerhalb des Kabaretts sehr aktiv, Sie engagieren sich stark in Krisenregionen wie Syrien.

    Springer: Ich habe einen Verein gegründet, „Orienthelfer e.V.“, wir helfen syrischen Flüchtlingen und werden auch von den „Sternstunden“ des BR unterstützt. Wir sind mit fünfzehn Leuten ein kleiner Verein, aber jeder bringt sich nach seinen Kräften ein.

    Wie ist die Situation momentan in Syrien?

    Springer: Nach drei Jahren Bürgerkrieg in Syrien herrscht dort eine humanitäre Katastrophe. Zehn Millionen Menschen sind auf der Flucht, ohne jeglichen Besitz. Ich war 30 Mal in Syrien, bevor dieser Krieg ausgebrochen ist, ich kenne die Region sehr gut. Es ist äußerst schmerzlich, diese Katastrophe mitanschauen zu müssen. Dass Leute, die ich gekannt habe, umkommen, Kinder aufs grausamste verstümmelt sind.

    Was haben Sie zuletzt an Hilfsmaßnahmen organisiert?

    Springer: Gerade haben wir sieben – auch seitens der hiesigen Freiwilligen Feuerwehren – gespendete Feuerwehrfahrzeuge in die zweitgrößte Stadt in Syrien, Aleppo, gebracht, die ständig bombardiert wird und bisher nur zwei intakte Löschfahrzeuge hatte.

    Ist dieses Engagement, bei dem Sie Menschen direkt, also praktisch helfen, auch ein Aktivwerden gegen die Wirkungsgrenzen des Kabaretts, die ja nur theoretischer Natur sind?

    Springer: Jeder Kabarettist, der glaubt mit zweimal 45 Minuten an einem Abend die Welt zu verändern, der hat meiner Meinung nach den Beruf verfehlt. Es wird nicht klappen, mit einer anderen Erwartungshaltung wird man zwangsläufig frustriert werden.

    Was ist Ihr Anspruch anstatt Weltrettung?

    Springer: Ich wollte nie mit Kabarett die Welt retten. Aber wenn man die Leute für bestimmte Themen begeistern und Interesse wecken kann, aber auch wenn während dem Kabarettbesuch für einen Abend mal das Handy ausgeschaltet ist und man einmal nicht vor dem Fernseher hockt – dann ist damit schon viel gewonnen.

    Vor ihrem 50. Geburtstag an Silvester 2014: Ziele, Wünsche, Träume für die Zukunft?

    Springer: Dass das Blutbad in Syrien aufhört, wäre schon ein Herzenswunsch von mir, aber das ist wahrlich leider nicht in meiner Gewalt, da bleibt nur die Hoffnung. Ich bin römisch-katholisch, lebe aber buddhistischer als ich sein will – und zwar im Hier und Jetzt.

    Christian Springer

    Geboren wurde Christian Springer am 31. Dezember 1964 in München. Bereits während seiner Schulzeit gründete er 1983 zusammen mit Helmut Schleich das Kabarett „Fernrohr“. Gemeinsam mit Andreas Rüttenauer hatten sie bis 1997 über 1000 Auftritte im gesamten deutschsprachigen Raum. 1992 schloss Springer sein Studium der Semitistik, Philologie des christlichen Orients und Bayrischen Literaturgeschichte in München ab. Seit 1998 tritt er als Solokünstler in Erscheinung. Franken besucht Christian Springer im Laufe seiner Herbsttournee ganz schön oft. Seine Auftritte dort im Schnelldurchlauf: 19. September Aschaffenburg (Hofgarten), 20. September Würzburg (Bockshorn), 11. Oktober Ansbach (Kammerspiele), 28. bis 30. Oktober Fürth (Comödie), 7. November Neubrunn (Zum Ochsen), 8. November Coburg (Zum Schwarzen Bären), 14. November Michelau (Martin-Luther-Haus), 22. November Wilhermsdorf (Bürgersaal).

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