Henry Hayden geht es gut. Er hat großen Erfolg als Schriftsteller, lebt mit seiner Frau in einem riesigen Haus an der Küste und scheint jeden Tag seines Lebens zu genießen. Jedenfalls bis zu dem Moment, in dem Sascha Arangos Roman „Lügen und andere Wahrheiten“ einsetzt.
Ein Ultraschallbild beweist, dass Henrys Affäre mit seiner Lektorin nicht ohne Folgen geblieben ist. Auf einmal ist damit sein ganzer schöner Lebensstil in Gefahr. Wenn seine Frau ihn verlassen sollte, wäre nicht nur sein Geld weg, sondern auch seine Karriere. Denn seine Frau ist die wahre Kraft hinter seinem Erfolg. Aber damit hören die Probleme nicht auf. Ein merkwürdiger Mann will aufdecken, welche Vergangenheit Henry verbirgt. Und Henry hat viel zu verbergen: „Wer mich enttarnt, wird zweifellos berühmt.“
Turbulente Krimihandlung
Allmählich gerät er unter Druck, sein aus vielen Lügen und einigen wenigen Wahrheiten zusammengesetztes Leben zu sichern. Dabei entwickelt er rege Fantasie, er lügt und betrügt, ohne Rücksicht auf andere. Sehr geschickt bezieht der Roman die Leser mit ein und vereinnahmt sie für Henrys Standpunkt: „Die Lügner unter uns werden wissen, dass jede Lüge ein Quantum Wahrheit enthalten muss, um überzeugend zu sein. Ein Spritzer Wahrheit ist oft genug, aber er muss sein, wie die Olive im Martini.“
Aus dieser Ausgangssituation entwickelt Arango eine turbulente Krimihandlung, in der auch noch ein übereifriger Polizist, eine intrigante Sekretärin und ein verhaltensauffälliger Hochseefischer für Verwirrung sorgen. Der Roman ist so voll überraschender Wendungen, Unwahrscheinlichkeiten und seltsamer Zufälle, dass er geschickt zwischen Krimi und Komödie pendelt.
Arango machte sich bislang hauptsächlich als Drehbuchautor einen Namen. Zweimal wurde er mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Die leicht ironische Grundhaltung seiner Figuren und seiner Erzählung zeigt sich auch in den „Tatort“-Folgen um den Kieler Kommissar Borowski, gespielt von Axel Milberg.
Sascha Arango: Die Wahrheit und andere Lügen (Bertelsmann, 299 Seiten, 19,99 Euro)