Je dicker das „Gotteslob“, desto mehr wurde man beneidet. Jedenfalls war das unter uns Kindern so. Nun hatten wir zwar alle dieselbe Ausgabe des katholischen Gebets- und Gesangsbuchs mit der jeweils gleichen Seitenzahl. Aber wir verdickten die schwarz gebundenen Büchlein mit Andachtsbildchen. Die nahmen wir mit, wo wir sie kriegen konnten. Manchmal lagen sie stapelweise am Rande der Kirchenbänke. Wir steckten (mindestens) eins ein. Wenn es das Sterbebildchen eines uns gänzlich unbekannten Menschen war – egal. Bisweilen verteilte auch die Religionslehrerin die begehrten Objekte, auf denen Jesus zu sehen war, die Muttergottes oder ein Heiliger, dessen Namen wir noch nie gehört hatten. Und stopften sie ins „Gotteslob“, dass sich die Dünndruckseiten aufplusterten.
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