Das drastische Ende: Drei Schüsse hallen durch den Wald, und Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer sinkt in Großaufnahme zu Boden. Minutenlang verharrte das Publikum danach in Schweigen. Erst nachdem der lange Abspann des Films von Produzent Bernd Eichinger (59) und Regisseur Uli Edel (61) vorüber war, brandete Applaus auf.
„Es war ein tougher Film zu machen, aber ich glaube, wir haben es ganz gut hingekriegt“, sagte Eichinger. Der Film nach dem gleichnamigen Buch von Stefan Aust verstört – mit Bildern, die unter die Haut gehen, auch mit der Kaltblütigkeit, mit der die jungen Männer und Frauen töten. Bei den Opfern und ihren Familien, befürchten viele, dies könnte alte Wunden aufreißen.
Dem hält Regisseur Edel entgegen: „Den meisten Opfern und Angehörigen haben wir den Film gezeigt, weil wir ihre Meinung vorher hören wollten. Ich war überrascht, wie positiv ihre Reaktionen ausfielen.“ Lob gab es unter anderem von Jörg Schleyer, Sohn des im Oktober 1977 ermordeten Arbeitgeber-Präsidenten: „Der Baader Meinhof Komplex“ sei ein großartiger Film, „der die RAF endlich als das zeigt, was sie war: eine gnadenlose, mitleidlose Mörderbande“, sagte der 54-Jährige der „Bild“-Zeitung. Er zeige die hemmungslose Brutalität, ohne das Andenken an ihre Opfer zu beschädigen.
Schlecht von den Filmemachern informiert fühlte sich Michael Buback, dessen Vater, Generalbundesanwalt Siegfried Buback, 1977 getötet worden war: „Ich muss also rätseln, ob überhaupt und, wenn ja, in welcher Weise die Ermordung meines Vaters und seiner beiden Begleiter gezeigt wird. Es ist bitter, dass so wenig Rücksicht auf die Angehörigen genommen wird, die somit ein weiteres Mal in eine Opferrolle geraten“, zitierte ihn die „Hörzu“.
Dass der Film die Gemüter erregt, zeigte sich auch bei der Premiere, zu der fast die ganze Riege der prominenten Darsteller gekommen war. Neben Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek, Nadja Uhl und Stefan Aust waren auch Schauspieler wie Heino Ferch, Katharina Wackernagel oder Bruno Ganz unter den Ehrengästen. Beim Empfang im Haus der Kunst sorgte der Film für Diskussionen. Anlass boten vor allem die Mordszenen, die manche Gäste als zu heftig empfanden. Andere sahen gerade darin den richtigen Weg, um den Terror glaubwürdig zu zeigen.
„Ich glaube, dass wir gerade den Opfern in diesem Film gerecht werden, indem wir zeigen, was Terrorismus ist, wie er aussieht“, sagte Aust. „Das wird sehr drastisch gezeigt, und ich glaube, das ist auch nötig.“ „Der Baader Meinhof Komplex“ kommt am 25. September in die Kinos. Außerdem wurde er als deutscher Beitrag zur Oscar-Verleihung eingereicht. Der packende Streifen erzählt, wie sich die RAF um Andreas Baader (Moritz Bleibtreu), Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) und Gudrun Ensslin (Johanna Wokalek) Ende der 1960er Jahre findet und immer radikaler und brutaler wird. Schnelle Schnitte, viele Originalaufnahmen und blutige Mordszenen machen den Film zu einem verstörenden, aber eindringlichen Erlebnis.
Regisseur Edel konnte aus der Erinnerung schöpfen: „Es war ja doch eine Zeit, die man emotional stark miterlebt hat.“ Anfangs habe ihm die RAF noch Respekt abgerungen. „Das ging bis 1972, bis die ersten Bomben explodierten, bis die ersten Toten und Schwerverletzten rumlagen. Dann kam die große Ernüchterung und wir fragten uns: Sind das noch dieselben Leute?“ Ähnlich ging es Bruno Ganz, der damals in Berlin lebte: „Die großen Sympathien, die man hatte, sind schon abgebröckelt mit der Zeit“, sagte der Darsteller des Terroristenjägers Horst Herold.