(dpa) Entspannter könnte Marcel Krohn nicht wirken. Im dünnen beigen Pullover und bequemer blauer Trainingshose öffnet der neue Intendant der Clingenburg Festspiele die Türen zu seiner Wohnung im zweiten Stock eines alten Fachwerkhauses in der Klingenberger Altstadt (Landkreis Miltenberg). Dort verbringt der in Berlin lebende Schauspieler und Regisseur die Zeit vor und während der Freilichtspiele, die an diesem Donnerstag, 11. Juni, mit dem Kinderstück „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ in ihre 16. Spielzeit gehen.
Sieben Tage die Woche Proben
Seit Anfang Mai hat Krohn so gut wie keine Freizeit mehr, geprobt wird sieben Tage die Woche, mindestens acht Stunden täglich. Schließlich wollen bis 2. August etwa 40 000 Besucher unterhalten werden. Der Intendant müsste gestresst sein – doch der schlanke Mann mit den schwarzen Haaren und braunen Augen gibt sich gelassen: „Die Stadt strahlt eine solche Ruhe aus. Das gibt viel Kraft. Die Arbeitsatmosphäre ist toll.“
Krohn, der seine Ausbildung in Linz und Zürich absolviert hat und bis Anfang 2009 die Theaterbühne „Berliner Tournee“ leitete, gefällt seine neue Rolle in der idyllischen Stadt am Main mit gut 6500 Einwohnern. „Als ich die Bühne auf der Burg zum ersten Mal gesehen habe, war ich Feuer und Flamme“, sagt der 40-Jährige über das historische Gemäuer am Stadtrand. Im Dezember hatte die Festspielleitung Krohn zum Nachfolger des fristlos entlassenen Intendanten Georg Mittendrein bestimmt. Trotz der bis heute aktuellen Querelen um dessen Kündigung hofft Krohn, dass sich die Öffentlichkeit auf die neue Spielzeit konzentrieren wird. Zwei Stücke wird Krohn neu inszenieren: Shakespeares „Sommernachtstraum“, ein Klassiker für Freilichtbühnen, und das Musical „Cyrano de Bergerac“ über den Haudegen mit der großen Nase, der die Liebe seiner Roxane zu gewinnen versucht. Bei aller Leichtigkeit der Geschichten betont Krohn, kein seichtes Theater machen zu wollen. „Wir versuchen, die Texte abzuklopfen und die verschiedenen Ebenen der Beziehungen zwischen den Figuren sichtbar zu machen.“
Bereits in der Grundschule sammelte Krohn, der in Oldenburg geboren wurde und aufwuchs, Bühnenerfahrung. Der Rat des Stiefvaters, eine „richtige“ Ausbildung zu machen, war für ihn keine Lösung. Spätestens seit seiner ersten eigenen Inszenierung am Gymnasium habe er gewusst, dass das Schauspiel sein Metier ist. „Es war toll, nicht nur eine Figur auszufüllen, sondern das große Ganze machen zu können.“ Für die Zeit nach Klingenberg – der Vertrag ist auf zwei Spielzeiten befristet – schmiedet er noch keine Pläne. „Daran denke ich nicht“, sagt Krohn, denn er stecke mitten in den Planungen für die kommende Spielzeit.
Die Festspiele im Internet: www.clingenburg-festspiele.de