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BOCHUM: Der Starlight Express rast immer weiter

BOCHUM

Der Starlight Express rast immer weiter

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    Tanzen auf Rollschuhen: Seit einem Vierteljahrhundert zieht der Starlight Express in Bochum seine Kreise (im Bild die Figuren Buffy, Dinah und Ashley).
    Tanzen auf Rollschuhen: Seit einem Vierteljahrhundert zieht der Starlight Express in Bochum seine Kreise (im Bild die Figuren Buffy, Dinah und Ashley). Foto: Foto: Jens Hauer

    Ein Vierteljahrhundert schon lehrt Debbie Hearnden die menschlichen Lokomotiven das Tanzen auf Rollschuhen. Sie ist leitende Choreografin beim Musical Starlight Express, das am 12. Juni vor 25 Jahren das erste Mal auf der Bochumer Bühne zu sehen war. Auch wenn Hearnden damals glaubte, ihre Arbeit würde eher ein Intermezzo sein: Sie blieb in Bochum. Der Starlight Express blieb auch und hat mehr als 14 Millionen Zuschauer erreicht. Er rast immer weiter und weiter.

    „One, two, three“, zählt die blonde Frau an. Als wäre es kein Kunststück, tanzt ein gutes Dutzend Musical-Darsteller zu den treibenden Hip-Hop-Beats, die mittlerweile zum Repertoire gehören. „More Energy“ mahnt sie und mischt sich – mangels fehlender Rollschuhe gut zwei Köpfe kleiner als die athletischen Darsteller – unter sie. Auch mit nahezu 60 Jahren packt Debbie Hearnden jene pointierte Energie in die ausladenden Armbewegungen und Hüftschwünge, die sie von ihren Schützlingen sehen will.

    Andrew Lloyd Webbers Werk über die Weltmeisterschaft der stolzen Lokomotiven wurde 1984 uraufgeführt. Dass sich nach London, New York und Tokio ausgerechnet die Ruhrgebietsstadt Bochum als Musical-Metropole versuchen wollte, mag erstaunen. „Man sagte uns, dass sie ein eigenes Haus für die Show bauen würden“, erinnert sich Arlene Phillips, die schon für die Weltpremiere als Chef-Choreografin die rasanten Fahrten und so leichtfüßig aussehenden Rollschuhtänze erdacht hat.

    Die Bochumer Baupläne wurden Wirklichkeit, seither setzt Debbie Hearnden vor Ort um, was die Londoner Chefin entwickelt – im Musiktheater, das perfekt auf die Bedürfnisse des rasanten Stoffes zugeschnitten ist: Die Darsteller sausen durch Tunnel, überwinden mehrere Ebenen. Eine Rampe mitten durch die Ränge bringt die Skater ganz nah an das Publikum.

    Dass die Stadt Bochum gut die Hälfte der Baukosten von 24 Millionen Euro auf den Tisch blätterte, war zunächst umstritten. Und in den ersten Monaten lief es auch gar nicht so, wie es sich die Macher erträumt hatten. Besucherströme ließen auf sich warten. „Ich sah mich schon nach nur einem Jahr wieder nach Hause fahren“, sagt Hearnden. Doch dann ging es plötzlich los: „Vielleicht hatte man nur auf so etwas wie uns gewartet – es explodierte förmlich.“ Siebenmal in der Woche kämpft die nostalgische Dampflok Rusty im Rennen gegen elektrische Schienen-Technologiewunder um die Ehre der Dampfloks und um die Liebe zum Erste-Klasse-Wagen Pearl. Der Herz-Schmerz-Stoff hat alles, was ein Erfolgsmusical braucht: Rasanz und Action, Technik und Ohrwürmer und eine Mut-Mach-Geschichte. Und Rollschuhe.

    „Bei allen Konstanten, wir gehen mit der Zeit“, sagt Hearden. „Das Musical bewegt die Zuschauer inzwischen ebenso sehr durch Gefühle wie durch Technik.“ So seien die stählernen Maschinen über all die Jahre menschlicher geworden. Früher gaben eher lässige Rockertypen den Zeitgeist vor, heute ist es eine Hip-Hop-Coolness im Outfit und in der Musik, die das Publikum ansprechen sollen. Es gibt neue Songs, neues Lichtdesign, Szenen werden immer wieder überarbeitet. Außerdem sei die Choreografie über all die Jahre schneller und waghalsiger geworden. „Wäre es Jahr für Jahr dasselbe, wäre ich nicht mehr hier“ – und der Starlight Express wäre wohl auch längst auf dem Abstellgleis.

    Der Erfolg in Zahlen

    Mehr als 14 Millionen Besucher seit der ersten Vorstellung in Bochum vor 25 Jahren: „Starlight Express“ soll das erfolgreichste Musical an einem Ort sein. Rund 9700 Vorstellungen gingen nach Veranstalterangaben seither über die Bühne – und nicht spurlos an der aufwendigen Requisite vorbei. Die Kostümabteilung wechselte 9300 Knieschoner und nähte über 10 840 Kostüme für 631 Darsteller. 19 000 Liter Nebelflüssigkeit verpufften, die Visagistinnen brachten 2890 Kilo Puder auf die Gesichter. Die Rollschuhkünstler tragen bis zu 18 Kilogramm schwere Kostüme und rasen unter 800 Scheinwerfern mit bis zu 60 Stundenkilometer über die 1100 Quadratmeter große Bühne. Ein besonderer Rekord gebührt einer Zuschauerin aus Bochum: Angeblich über 900 Mal hat sie das Musical angesehen. Text: dpa

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