Balletttänzer, Sänger von Rock- und Schlagermusik, Synchronsprecher, Leichtathlet, Schauspieler am Theater und für Film und Fernsehen: Dieter Landuris, 49, lässt sich nicht so einfach in eine Schublade packen. Am 28. und 29. März gastiert der Münchner mit griechischen Wurzeln mit dem auch als „Songdrama“ angekündigten Stück „Ewig jung“ im Schweinfurter Theater. Ein Gespräch über Greise, Oldtimer, das Küchenradio seiner Mutter und seine zweite Geburt.
Frage: Sie sind ausgebildeter Balletttänzer, ausgebildeter Schauspieler, waren Dritter bei den bayerischen Meisterschaften im Mehrkampf, haben nebenbei Amerikanistik und Architektur studiert – wann war klar für Sie, dass es die große Bühne sein muss?
Dieter Landuris: Ich habe schon immer viel Spaß auf der Bühne empfunden. Schon in der Schulband als Sänger, später als Tänzer. Schauspieler – na ja, da war ich mir erstmal gar nicht so sicher. Aber ich bin neugierig. Also habe ich mich, obwohl es mit der Band damals gut lief, mal testweise bei der Schauspielschule beworben, die haben mich gleich genommen. Das war für mich die Bestätigung, dass ich diesen Beruf mal ausprobieren sollte.
Was für eine Band?
Landuris: Ich hatte eine Rock'n'Roll- und Blues-Band, die Steelyard Blues Band.
Das war keine Berufsalternative?
Landuris: Doch, doch. Wir hatten auch viele Auftritte, die ich organisiert habe, wir waren auf Tournee und standen kurz vor dem Abschluss eines Plattenvertrags. Wir waren alle sehr jung damals, der Schlagzeuger war 16 oder 17, keiner war über 20. Das wäre schon spannend geworden. Aber dann kam eben die Schauspielerei dazu, und da habe ich mir gedacht: Man muss ja auch was Anständiges machen. Innerhalb von dem, was ich bis dahin gemacht habe, war da eine Ausbildung an der Schauspielschule schon etwas Anständiges, etwas Solides.
„Plötzlich war ich der berühmteste Baby-Darsteller Deutschlands.“
Dieter Landuris
Sie sind bundesweit durchs Fernsehen bekannt geworden, vor allem durch die ProSieben-Serie „Alles außer Mord“, aber auch durch Auftritte im „Tatort“ und anderen beliebten Serien. Dem Theater haben Sie dennoch immer die Treue gehalten. Warum?
Landuris: Nachdem ich in München auf die Welt gekommen war, kam ich als Schauspieler im „Grips-Theater“ in Berlin 1985 als Baby nochmal zur Welt. Das war mein erstes Theaterstück nach der Schauspielschule. Das war ein gigantischer Erfolg damals und hat so einen wahnsinnigen Spaß gemacht . . . Obwohl ich natürlich nach drei Jahren Schauspielschule mit Sprecherziehung und dem ganzen Drum und Dran erstmal nur ein Baby gespielt habe. Aber nur in Anführungsstrichen, die Rolle hatte es in sich. Ich habe es immerhin bis ins Magazin „Theater heute“ geschafft, das ist sozusagen die Bibel eines jeden Bühnenschauspielers. Plötzlich war ich der berühmteste Baby-Darsteller Deutschlands und sogar Europas. Kurz danach kam das legendäre Musical „Linie 1“ raus, das ebenfalls zu einem jahrzehntelangen Riesenerfolg wurde. Wenn man derart mit dem Virus infiziert ist, dann kehrt man immer wieder sehnsüchtig zum Theater zurück.
Obwohl es im Fernsehen viel leichter ist, mehr Menschen zu erreichen und mehr Geld zu verdienen.
Landuris: Klar, das ist ja keine Frage. Ich hatte dann ja auch nach fünf Jahren, in denen ich jeden Tag Theater gespielt habe – wir sind ja um die ganze Welt getourt – auch Lust, frei zu arbeiten. Wenn man frei arbeitet, kann man auch viel Fernsehen machen, dann ist man unabhängig. Und so habe ich beim Fernsehen Blut geleckt. Auch wenn es eine ganz andere Arbeit ist: Sie macht mir auch sehr viel Spaß.
Wenn Sie sich entscheiden müssten?
Landuris: Das ist schwierig. Lieber eine tolle Fernsehrolle als eine schlechter Theaterrolle. Und umgekehrt genauso.
In „Ewig jung“ haben ein paar in die Jahre gekommene Schauspieler das Theater, an dem sie zuletzt engagiert waren, als Altersresidenz auserkoren und hängen den guten alten Zeiten nach. Das Stück spielt im Jahr 2050. Was hoffen Sie, 2050 zu machen?
Landuris: Immer noch so tolle Stücke zu spielen wie „Ewig jung“. Oder dann vielleicht „Ewig alt“. Vielleicht spiele ich dann einen 30-Jährigen (lacht). Auf jeden Fall hätte ich Spaß daran, dann immer noch Theater zu spielen.
Wieviel Greis steckt in Ihnen?
Landuris (lacht): Noch nicht sehr viel, glaub' ich.
Und wie versetzt man sich in einen alten Menschen?
Landuris: Ich beobachte viel. Und ich hatte Glück: Während der Proben zu dem Stück hatte ich gleichzeitig Dreharbeiten zu einem Kinofilm, und die führten mich nach Niederbayern, nach Bad Füssing bei Passau. Da gibt es viele Heilquellen, und dort trifft man üblicherweise auch viele ältere Menschen.
Altersdurchschnitt 85 aufwärts?
Landuris: So ungefähr. Und da konnte ich natürlich sämtliche Gangarten von alten Menschen unglaublich genau studieren, ob mit oder ohne Stock, gebückt oder aufrecht, hinkend oder mit Rollator. Ich bin da viel spazieren gegangen. Eines Tages wollte ein alter Mann drei Stufen hoch, in sein Hotel. Dafür hat er fünf Minuten gebraucht. Wenn er eine Stufe hatte, schien es, als ob er jeden Moment wieder zurückfällt. Das war wirklich wie eine akrobatische Nummer in Zeitlupe. Ich stand völlig fasziniert da und schaute zu. Vermutlich haben Leute das beobachtet und sich gedacht: Der könnte doch ruhig mal helfen . . . Als mir das plötzlich selber aufgefallen war, bin ich etwas peinlich berührt gegangen.
„Die 50er, 60er Jahre, das war einfach die letzte verspielte Ära.“
Dieter Landuris
Sie singen gern, heute vor allem Schlagerparodien. Als „Viktor Bergmann aus St. Petersburg“ haben Sie 1995 mit dem von Michael Holm produzierten Lied „Wahnsinn“ sogar den „Wahren Grand Prix“ gewonnen. Woher rührt Ihr Faible für den deutschen Schlager?
Landuris: Das kommt wahrscheinlich aus der Kindheit. Meine Mutter hatte beim Kochen immer das Radio laufen, grundsätzlich den Sender, der den ganzen Tag Schlager rauf und runter spielte. Und meine Mutter konnte jeden mitsingen, sie hat immer gesungen in der Küche. So ist übrigens auch der Name Viktor Bergmann entstanden. Meine Mutter war eine geborene Bergmann.
Hossa! Dieter Landuris ist mit Rex Gildo groß geworden.
Landuris (lacht): So ungefähr, ja. Und mit Roy Black und den vielen anderen.
Sie sollen auch ein Faible für Oldtimer haben. Wie viele haben Sie?
Landuris: Es werden immer weniger, weil ich immer weniger Zeit dafür habe. Ein paar sind es noch. Ein Opel, zwei Buicks und zwei Mercedesse.
Was reizt Sie denn an den alten Schüsseln?
Landuris: Dass sie noch eine Form haben, die es jetzt nicht mehr gibt. Und vieles noch in Handarbeit gefertigt. Es gibt so viele liebevolle Details. In dem Opel eine Vase, in die man Wasser gießen und eine Blume hineinstellen kann. Ich meine, wo gibt's denn sowas heute noch? Jeder Knopf ist mit der Hand gedrechselt worden. Die Uhr zum Beispiel, die ist im Handschuhfachdeckel eingearbeitet. Den muss man aufklappen, um die Uhr auf an der Rückseite aufzuziehen, damit sie wieder tickt.
Im Opel?
Landuris: Ja, Opel Olympia, Baujahr '56, 1,5 Liter, 45 PS, Dreigang-Lenkradschaltung. Der Scheibenwischer läuft synchron mit der Motordrehzahl. Das ist absurd, aber wenn man an der Ampel steht und Gas gibt, wird der immer schneller. Wenn es stark regnet, sollte man also möglichst schnell fahren.
Oldtimer – das hat auch etwas mit Bewahren zu tun.
Landuris: Genau. Und bei mir ist es einfach auch die Liebe zur Vergangenheit, zu den guten alten Zeiten, wie man so sagt. Die 50er, 60er Jahre. Ich finde die Filme aus der Zeit ganz toll, vor allem die italienischen und die französischen . . . Die Architektur aus der Zeit mit ihren Formen finde ich besonders spannend. Wenn man sich so ein altes Radio aus den 50ern, 60ern anschaut . . . Das war einfach die letzte verspielte Ära. Heutzutage ist dieses Verspielte fast überall weg. Es überwiegt die Funktionalität. Das heißt aber nicht, dass ich ein großer Sammler bin. Jedenfalls gehe ich nicht auf Flohmärkte, um mir noch mehr alte Sachen dazuzukaufen. Ich bewahre aber gerne Dinge mit Seltenheitswert, zum Beispiel die, die ich von meinem Vater vererbt bekommen habe.
Haben Sie das Küchenradio Ihrer Mutter noch?
Landuris: Das Radio nicht.
Landuris in Schweinfurt
Der Schauspieler und Sänger, geboren am 12. August 1961 in München, absolvierte von 1980 bis 1982 eine Ausbildung als klassischer Balletttänzer, anschließend besuchte er bis 1985 die Otto-Falckenberg-Schauspielschule. Einem breiten Publikum wurde er als Privatdetektiv Uli Fichte in der ProSieben-Serie „Alles außer Mord“ bekannt. Landuris war auch in Kinofilmen und in beliebten TV-Serien wie „Tatort“, „Großstadtrevier“ und „Unser Lehrer Doktor Specht“ zu sehen. Er lebt mit seiner Frau (auf dem Foto rechts) und zwei Kindern in München. Mit dem Songdrama „Ewig jung“ gastiert Landuris am 28. und 29. März im Theater der Stadt Schweinfurt. Eintrittskarten unter Tel. (0 97 21) 5 14 75 und Tel. (0 97 21) 5 10. Internet: www.theater-schweinfurt.de