E r hat das butterlose Butterbrot erfunden und Fell auf kalten Türklinken wachsen lassen; er bringt mit einer fantastischen Apparatur Tiere zum Sprechen und stellt mittels Fernbedienung den Lärm spielender Knaben ab; er entwickelt Zeitmaschinen wie am Fließband. Daniel Düsentrieb ist ein Genie. Genies sind einsam. Ein komischer Vogel wie der Ingenieur wird immer ein Sonderling bleiben, selbst in der mit sonderbaren Figuren wahrlich reich gesegneten Stadt Entenhausen.
Wie gut, dass es Helferlein gibt. Helferlein ist eine Art Mini-Roboter, gerade mal 20 Zentimeter hoch. Eine dünne Röhre bildet den Körper, Arme und Beine bestehen aus Draht und Dichtungsringen, als Kopf dient eine Glühbirne. Festes Schuhwerk (meist gelb) macht den Kleinen geländegängig. Wie er genau funktioniert, wie und warum er laufen kann, springen und Dinge greifen - das weiß höchstens ein Genie wie Daniel Düsentrieb . . .
Jedenfalls läuft Helferlein - irgendwie - mit elektrischem Strom. Denn im Inneren der Körper-Röhre steckt eine Batterie. Es muss sich um einen speziellen, wiederaufladbaren Akku handeln: Als dem kleinen Metallmännchen einmal in der Wüste der Strom ausgeht, lädt ihn der Blitz eines aus heiterem Himmel auftauchenden Gewitters wieder auf.
Ganz offensichtlich ist der kleine Mann ein helles Köpfchen: Er kann lesen und schreiben. Er kann mit Daniel Düsentrieb, sogar mit Vögeln und Hunden kommunizieren - und zwar ohne Worte. Wie das genau geht, das weiß höchstens ein Genie wie Daniel Düsentrieb . . .
Der wird auch wissen, wo die künstliche Intelligenz des Männchens sitzt. Im Glühbirnen-Kopf jedenfalls nicht. Denn Helferlein funktioniert auch, wenn die Birne durchgebrannt ist oder zerbrochen: Er wechselt sie in solchen Fällen selbst aus. Dennoch: Lange scheint's ohne Birne nicht zu gehen. Helferleins Urlaubsvorbereitungen bestehen darin, eine Ersatz-Birne in den Koffer zu packen. Viele Geheimnisse ranken sich um das Roboterlein. Sicher scheint immerhin, dass Helferlein männlich ist, weil er einmal davon träumt, einem weiblichen Roboter zu begegnen.
Helferlein ist immer zur Stelle. Mit dem Erste-Hilfe-Koffer, wenn dem genialen Düsentrieb (Motto: "Dem Ingenieur ist nichts zu schwör") eine seiner Erfindungen um die Ohren geflogen ist; mit simplen Lösungen, wenn dem Herrn Ingeniör der geniale Geist gar zu arg aus dem Ruder läuft. Oder einfach auch als Ansprechpartner. Mögen Genies gemeinhin einsam sein: Daniel Düsentrieb ist es nicht. Dank Helferlein.
Eigentlich ist gar nicht klar, ob Daniel Düsentrieb seinen drahtigen Kumpel selber erfunden hat. Helferlein taucht - vor 50 Jahren - plötzlich im Kosmos von Entenhausen auf. Daniel Düsentrieb existiert schon seit vier Jahren, als im September 1956 Carl Barks seinen mechanischen Assistenten erstmals in einer Comic-Geschichte auftreten lässt, die später in der deutschen "Micky Maus" unter dem Titel "Katzenjammer" erscheint. Barks (1901 bis 2000), über Jahrzehnte hinweg wichtigster Zeichner von Walt Disneys Enten-Universum, dachte damals allerdings weniger daran, seinem einsamen Erfinder einen treuen Kumpel zu verschafften. Helferlein erblickte das Licht der Welt aus ganz pragmatischen Gründen: Um einen günstigen Tarif beim Postversand der Comic-Heftchen zu erhalten, mussten seinerzeit nach US-Recht die Figuren der einzelnen Geschichten säuberlich getrennt bleiben. In Düsentrieb-Geschichten konnten also weder Dagobert Duck noch Donald auftreten - die mussten in ihren eigenen Geschichten bleiben (in denen natürlich Düsentrieb nicht vorkommen durfte): Die Postvorschriften machten Daniel Düsentrieb einsam. Barks brauchte aber einen festen Ansprechpartner für Ingenieur Düsentrieb - und sei es auch ein stummer. So taucht Helferlein ebenso plötzlich in einer Geschichte auf, wie vorher schon Dagobert Duck oder Gustav Gans - auch sie Schöpfungen von Carl Barks. Immer mehr entwickelt Barks in den folgenden Jahren Helferlein zur eigenständigen Figur. Immer öfter geht der Kleine eigene Wege, erzählt neben der eigentlichen Düsentrieb-Geschichte seine eigene, die oft die Haupt-Handlung ironisch kommentiert. Manchmal erscheint Helferlein auch als Vordenker genialer Entwicklungen des Ingenieurs.
Don Rosa - für Fans der beste Entenzeichner seit Carl Barks - wollte sich nicht damit abfinden, dass Helferlein einfach so auftauchte. Rosa spinnt immer wieder gern alte Barks-Geschichten weiter oder verfolgt sie zu einem möglichen Ursprung zurück. So zeichnete und textete er ein mehrbändiges Werk über die Jugend von Dagobert Duck, machte darin deutlich, wie der schottische Junge zur reichsten Ente der Welt werden konnte. Auch dem Helferlein verhalf Don Rosa zu einer Biografie. 2001 veröffentlichte er die Sprechblasen-Geschichte "Gyro's First Invention" - im amerikanischen Original heißt Daniel Düsentrieb Gyro Gearloose -, die ein Jahr später mit dem Titel "Der erste Erfolg" auch in Deutschland erschien. Düsentrieb entwickelt laut Don Rosa seinen künstlichen Assistenten, als er Dagobert Duck bei der Rettung von dessen Vermögen helfen soll. Don Rosa bezieht sich dabei allerdings auf eine Barks-Geschichte, die bereits 1952 erschien ("Weihnachten in Kummersdorf") - laut Don Rosa ist Helferlein also in Wirklichkeit schon 54. Jedenfalls ist der kleine Roboter alt genug, um ein Star zu sein - er taucht in weit über 1700 Stories und auf Comic-Titelbildern auf - zum Teil sogar ohne sein Herrchen Daniel Düsentrieb.
Womöglich hat der Helfer seinen Meister sogar in der Gunst der Fans überflügelt.



Comic-Zeichner Don Rosa ist am Montag, 2. Oktober, von 13 bis 19 Uhr in Würzburg (Hermkes Roman-Boutique, Valentin-Becker-Straße 11/2) zu Gast.