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Frankens Denkmal-Männer

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Frankens Denkmal-Männer

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    Die berühmteste Rettung in Franken: Ohne den Einsatz von Kunstschutzoffizieren wären die Schäden an der Würzburger Residenz noch größer geworden.
    Die berühmteste Rettung in Franken: Ohne den Einsatz von Kunstschutzoffizieren wären die Schäden an der Würzburger Residenz noch größer geworden. Foto: Fotos: dpa, MP

    Zerstöre die Kunst eines Volkes, und es ist, als hätte es nie existiert.“ Diesen Satz sagt Hollywood-Schwarm George Clooney in seinem neuen Kinofilm „Monuments Men – Ungewöhnliche Helden“. Darin spielt Clooney den Kunstschutzoffizier George Stout, ein Mitglied der „Monuments Men“. Die Spezialtruppe der „Denkmal-Männer“ war lange Zeit vergessen, obwohl sie Teil der Geschichte des Zweiten Weltkriegs ist. Auf den 64. Internationalen Filmfestspielen Berlin, der Berlinale, erleben die „Helden“ am 7. Februar bei der Premiere des Films ihr Comeback.

    George Stout und seine Kollegen waren Teil des „Monuments, Fine Arts and Archives“-Programms, kurz MFAA, vor allem aber waren sie Idealisten mit einer Vision. Die Kunstexperten, Historiker, Museumsleiter, Archivare, Restauratoren, Architekten begaben sich nach dem „D-Day“, der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944, auf die Spuren der Nationalsozialisten, zogen hinter den feindlichen Linien durch Europa, um in den umkämpften, später in den bereits eroberten Gebieten Kulturgüter vor Kriegshandlungen oder weiteren Zerstörungen zu schützen.

    Akribische Dokumentation der Arbeit

    Erst sollten sie vor allem bedeutende Gebäude wie Kirchen- oder Schlossbauten inspizieren, doch bald suchten die Kunstschutzoffiziere auch nach wertvollen Gütern – nach Gemälden, Skulpturen, Büchern, Möbeln oder Tafelsilber, die von den Nazis in den von ihnen besetzten Gebieten aus Museen und von meist jüdischen Privatsammlern geraubt und versteckt worden waren. Die Monuments Men waren überall, so scheint es, wenn man in den Unterlagen des US-Nationalarchivs stöbert.

    Akribisch dokumentierten sie ihre Arbeit, auch die kleinen Fälle. Denn sie fanden nicht nur die spektakulären Nazischätze, etwa im Bergwerk von Merkers in der thüringischen Rhön sowie im Schloss Neuschwanstein in Südbayern oder im österreichischen Salzbergwerk von Altaussee: Dort gelang ihnen die Rettung der für das „Führermuseum“ in Linz gehorteten Kunstschätze, die laut Hitlers „Nerobefehl“ zerstört werden sollten, um dem Feind nicht in die Hände zu fallen.

    Monuments Men waren aber auch in allen fränkischen Regionen unterwegs. In jedem Landschloss, sei es noch so abgelegen, suchten die Kunstschutzoffiziere nach Raubgut, konfiszierten verdächtige Objekte, erforschten die Herkunft der eingelagerten Güter. Sie inspizierten zum Beispiel in Unterfranken die als Depot genutzten Schlösser in Sommerhausen, Oberschwappach, Gaibach, Aschach, Triefenstein, Remlingen oder Steinbach – sowie die Abtei Münsterschwarzach. Die Mönche waren selbst beraubt worden. 1942 konfiszierte die Gestapo 189 wertvolle Bücher und Folianten. Im März 1946 erhielten die Münsterschwarzacher ihre bibliophilen Schätze wieder zurück.

    Auch in Oberfranken entdeckten sie etliche Depots, auch völlig unverdächtige. So besuchten Monuments Men unter anderen die Schlösser in Pommersfelden und Aschbach, dazu Kloster Banz sowie natürlich auch die Veste Coburg und die Villa Wahnfried in Bayreuth. In Mittelfranken interessierten sie sich etwa für Schloss Frankenberg oder die Burg Colmberg. Die Kunstschutzoffiziere kamen darüber hinaus auch ihrer ursprünglich angedachten Aufgabe nach, sicherten kulturell wichtige Gebäude, machten Bestandsaufnahmen der Bauschäden, leiteten erste Reparaturen ein und somit den Wiederaufbau.

    Berühmt wurde John Davis Skilton, der „Retter der Tiepolo-Fresken“ in der Würzburger Residenz. Auch er begleitete – wie der jetzt filmreif gewordene George Stout – nach dem D-Day die Truppen der Alliierten durch Nordfrankreich, war bei der Entdeckung der auf Schloss Neuschwanstein eingelagerten Kunstwerke dabei. In Franken rettete er nicht nur Kunst, sondern auch die Schlossbibliothek Aschaffenburg. Sie wurde, zusammen mit dem Staatsarchiv Speyer, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in dem Lastschiff „Spessart“ eingelagert, das in Rothenfels und Hafenlohr vor Anker lag.

    Das blieb der Bevölkerung nicht verborgen. Im Juni 1946 erging der Aufruf der US-Militärregierung, unrechtmäßig erworbenen Besitz zurückzugeben. Einige plagte wohl das schlechte Gewissen. Denn der Pfarrer von Hafenlohr habe „von unbekannter Seite“ Kunstschriften aus Aschaffenburg erhalten, heißt es in den US-Archivunterlagen.

    Skilton erhielt für seine Rettungsaktionen das Bundesverdienstkreuz. Vergessen sind dagegen meist seine Kollegen, die vor und nach ihm in Nordbayern ihren Dienst in Sachen Kunst und Kultur taten. Ebenso die Namen des deutschen Zivilpersonals der MFAA-Sektion, darunter Dr. Erik Berger, ein Kunsthistoriker aus Berlin, der angeblich mit dem Kunsthändler Wolfgang Gurlitt 1943 nach Würzburg kam.

    Nach Kriegsende wurde er ziviler MFAA-Mann und hatte dann mit einem weiteren Mitglied der Gurlitt-Familie zu tun – mit Wolfgang Gurlitts Cousin Hildebrand, der auf Schloss Aschbach bei Schlüsselfeld in Oberfranken seine Kunstsammlung eingelagert hatte. Sie scheint Teil des Münchner Kunstfunds zu sein, der im vergangenen November für Schlagzeilen sorgte.

    Erik Berger arbeitete nicht nur für Skilton, der etwa drei Monate in Würzburg stationiert war, sondern auch für die MFAA-Offiziere Thomas Giuli oder Denys P. Myers, ebenso für Andre Kormendi, der für ganz Nordbayern zuständig war. Kormendi unterrichtete zum Beispiel im Oktober 1946 das Büro der Militärregierung für den Landkreis Lichtenfels, dass sich im Schloss Schney angeblich Raubgut befindet: Möbel aus französischem Besitz.

    Kontakt mit Paul Klees Sohn

    Da allerdings die Informationen darüber auf Tratsch beruhen würden und eine oberflächliche Inspektion keine Hinweise auf wertvolle Objekte ergeben hätte, seien weitere Aktionen nicht gerechtfertigt. Die nordbayerische MFAA-Sektion werde die Angelegenheit jedoch im Auge behalten, hieß es in den Unterlagen. Kormendi hatte auch mit Felix Klee, dem Sohn von Paul Klee Kontakt. Der damals in Sommerhausen lebende Sprössling des von den Nazis als „entartet“ verfemten Künstlers bat den US-Kunstschutzoffizier, ihm bei der Ausstellung eines Visums für die Schweiz behilflich zu sein. Felix Klee wollte dort das Grab seiner Eltern besuchen.

    Im Dezember 1946 fand Kormendi in einem Bunker in Schweinfurt Teile der seit Sommer 1945 vermissten Kunstsammlung des Martin-von-Wagner-Museums in Würzburg. Sie war gegen Kriegsende aus Sicherheitsgründen in ein Forthaus in Kleinwenkheim ausgelagert und später von einem unbekannten US-Offizier mit Lastwagen abtransportiert worden.

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