Diesmal gibt es keine Standing Ovations, keine von ihren Gefühlen überwältigten Zuschauer, keine Jury, die vor Begeisterung auf dem Boden kniet: Die etwa 400 Menschen, die am Mittwoch in die Posthalle nach Würzburg gekommen sind, um Andreas Kümmert, den gefeierten Kandidaten der Castingshow „The Voice of Germany“, live zu sehen, sind ruhiger, gefasster. Aber nicht weniger begeistert von der Stimme des Musikers aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart).
Es ist das größte Konzert, das Andreas Kümmert bisher gegeben hat. In einer so großen Halle wie der Posthalle in Würzburg hätte er ohne seine Teilnahme bei „The Voice of Germany“ wohl so schnell nicht gespielt. Normalerweise tritt der 27-Jährige in Kneipen auf.
Fast jeden Abend ein Konzert
In den vergangenen Tagen hat er fast jeden Abend irgendwo gespielt. Das merkt man seiner Stimme etwas an. „Ich bin leider immer noch ein bisschen krank“, entschuldigt er sich beim Publikum, bevor er mit eigenen Liedern loslegt. Doch das hält ihn nicht davon ab, gesanglich alles zu geben. Kein Song, den er nicht voller Inbrunst singt. Das Heisere stört nicht weiter. Im Gegenteil.
Das Publikum hört gebannt zu, einige machen Fotos oder wippen im Takt mit. Gelegentlich wird gepfiffen und geklatscht. Die großen Begeisterungsstürme bleiben aus. In der Posthalle gibt es keine Einheizer, die die Zuschauer dazu animieren, aufzuspringen, zu jubeln, große Emotionen zu zeigen, wie das in Castingshows gerne gemacht wird. Und Kümmert ist niemand, der das Publikum dazu bringen will, die Hände in die Luft zu heben und zu klatschen.
Ganz bescheiden steht der kleine, rundliche Mann mit dem roten Rauschebart auf der Bühne, stellt sich und seine Band kurz vor und fängt mit dem nächsten Lied an. Für sein Publikum muss er auch nicht den großen Entertainer spielen, die meisten im Saal haben ihn schon häufiger gehört. Familie, Freunde und Nachbarn aus Gemünden sind gekommen, um bei seinem bislang größten Konzert dabei zu sein.
Mitten in der Menge stehen zwei etwas ältere Frauen. Sie tragen T-Shirts mit einem Foto von Andreas Kümmert und der Aufschrift „Rocket Man“ und singen fast jedes Lied mit. Eine der Frauen ist Petra Kümmert, die Mutter von Andreas. Die andere stellt sich als Uschi vor und ist schon sehr lange ein Fan des Musikers. Die beiden kümmern sich seit kurzem auch um seine Fanpost. Seit Andreas Kümmert bei „The Voice of Germany“ mitmacht, hat er sehr viele neue Fans dazugewonnen. Allein auf Facebook hat er auf seinen beiden Seiten zusammengerechnet schon über 40 000 Anhänger. So viele wie kein anderer Kandidat in dieser Staffel der Castingshow. Auch Andreas Kümmerts Freundin Christina ist im Publikum. Die 24-Jährige ist seit fünf Jahren mit dem Musiker zusammen. Jedes seiner Konzerte besucht sie aber nicht. Das wäre auch zu viel, so oft, wie er auftritt. „Ich freu' mich, dass er jetzt so erfolgreich ist. Er hat hart dafür gearbeitet. Ich würd's ihm gönnen, dass er gewinnt“, sagt sie.
Das Thema „The Voice of Germany“ spricht Kümmert an diesem Abend kein einziges Mal an. Er erzählt nichts von der Show, bittet die Anwesenden nicht, ihm die Daumen zu drücken oder für ihn anzurufen, falls er es in die sogenannten „Live Shows“ schafft. Stattdessen beweist er zwei Stunden lang, dass er nicht nur ein toller Sänger, sondern auch ein guter Gitarrist ist. Auch die Band ist hervorragend. Nachdem Andreas Kümmert in der ersten Stunde vor allem eigene Titel wie „Like my daddy said“, „Autism“ oder „Future's bound“ gespielt hat, setzt er im zweiten Teil auf Coversongs.
Bei „To love somebody“, dem Lied, das er bei seinem zweiten Auftritt bei „The Voice of Germany“ interpretiert hat, singen fast alle mit. Etwas verhalten zwar, aber immerhin. Dann folgen „It's a man's man's, man's world“ (James Brown), „Purple rain“ (Prince) und „With a little help from my friends“ in der Version von Joe Cocker – und der Funke springt endgültig aufs Publikum über. Gänsehaut-Momente.
Am Ende des Abends ist Kümmerts Stimme deutlich angegriffen. „Wir machen jetzt nur noch Stücke ohne Gesang“, erklärt er und grinst. Natürlich ist das nur eine leere Drohung. Denn ohne „Rocket Man“, den Song, mit dem er bei „The Voice of Germany“ alle umgehauen hat, kann er nicht von der Bühne gehen. Und so singt er sich noch einmal die Seele aus dem Leib, und man ahnt: Das könnte der neue Gewinner von „The Voice of Germany“ werden.