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DÜSSELDORF: Günther Uecker: Poesie mit Hammer und Nagel

DÜSSELDORF

Günther Uecker: Poesie mit Hammer und Nagel

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    Günther Uecker
    Günther Uecker Foto: Foto: dpa

    „Die Kunst kann den Menschen nicht retten“, urteilte Günther Uecker 1983 in seinem Manifest, „aber mit den Mitteln der Kunst ist ein Dialog möglich.“ Menschenrechte, Demokratie und Freiheit sind wichtige Themen für den als „Nagelkünstler“ bekannt gewordenen Maler und Bildhauer, der am 13. März 85 Jahre alt wird.

    Eine benagelte alte Nähmaschine, ein mystisch gestalteter Andachtsraum im Reichstagsgebäude, die Arbeiten „Der geschundene Mensch“ als Anklage gegen die Gewalt gegenüber Ausländern und Andersdenkenden: Ueckers Werke stehen oft im Spannungsfeld zwischen Bedrohung und Hoffnung auf eine humane Wirklichkeit. Uecker zählt zu den wichtigsten deutschen Gegenwartskünstlern. Er war an zahlreichen Großausstellungen beteiligt, unter anderem an der Biennale Venedig und der Kasseler documenta. Im Jahr 1999 schuf er den Andachtsraum für den Bundestag im Erdgeschoss des Berliner Reichstagsgebäudes.

    Geboren wurde Uecker Wendorf bei Wismar, 1953 ging er nach Westberlin, 1955 begann er sein Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt, wo er 23 Jahre lang unterrichtete, hatte Uecker 1960 auch seine erste Einzelausstellung. Inzwischen gibt es kaum ein Land der Welt, in dem er nicht ausgestellt hätte. Allein sein Werk „Der geschundene Mensch“ war in nahezu 60 Ländern zu sehen, zuletzt auf Kuba. Es zeigt „die Verletzung des Menschen durch den Menschen“.

    Angst vor russischen Soldaten

    „Mein Thema ist Leben und Tod“, sagt Uecker über seine Kunst. Die für ihn typische Formensprache setzt er in seinen Werken mit Holzlatten, Leinentüchern, Nägeln, Steinen, Asche, Sand und Schriftblättern um.

    Die Verwendung von Nägeln geht zurück auf das Jahr 1945. Russische Soldaten kamen in sein Heimatdorf. Uecker nagelte aus Angst, dass sie seiner Mutter und seinen Schwestern etwas antun könnten, Fenster und Türen des Elternhauses mit Holzplatten zu. Zwölf Jahre später, während des Studiums in Düsseldorf, habe er dann den russischen Dichter Wladimir Majakowski gelesen, erzählt Uecker. So wie Majakowski geschrieben habe, dass Poesie mit dem Hammer gemacht werde, „so habe ich den Bleistift ins Papier getrieben“.

    Natürlich ist dem auf der Ostsee-Halbinsel Wustrow aufgewachsenen Künstler bewusst, dass der Nagel beides symbolisiert: Verletzung, aber auch Schutz. Wie beim Igel oder Stachelschwein recken sich die dicht gesetzten Nagelköpfe auf seinen Werken möglichen Angreifern entgegen. Es gehe ihm darum, „Vorurteile zu überwinden, um Erfahrungen zu machen, die uns weiterbringen“, sagt er. „Der Mensch“, erklärte Uecker, sollte sich „der Welt gegenüber so offen verhalten, dass er die Bereicherung erlebt.“ Uecker ist ein Weltreisender. In asiatischen Ländern etwa hat er sich inspirieren lassen. Nach einer Kambodscha-Reise schuf er den Zyklus „Wind der Seelen der Toten, für die Kinder der Khmer“ mit 62 Zeichnungen.

    Das Boot

    Für die Toten des Konzentrationslagers Buchenwald schuf er 1999 ein Steinmal. Die Skulptur steht im Keller der ehemaligen Häftlingskantine. Im Jahr 2000 gestaltete er 14 Kreuze für die Ausstellung „Lost Paradise Lost“ in der hannoverschen Aegidien-Kirche. „Auch wenn ich die Sprache des anderen nicht spreche und seine Glaubensinhalte nicht verstehe, ist Verständigung zwischen Kulturen und Religionen möglich“, ist der Künstler überzeugt. Eine Ausstellung in Düsseldorf zeigt derzeit Schlüsselwerke Ueckers. Darunter: ein rostiges Boot, zugenagelt. Es befindet sich normalerweise in einer Krefelder Kirche und trägt den Titel „Das Boot“. Geschaffen hat es der Künstler 1980 – und es ist angesichts der Flüchtlingskatastrophen so aktuell wie damals.

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