(dpa) In Paris hat der Leinwandstar die Diskretion gefunden, die ihm in Deutschland fehlte. Vor mehr als 30 Jahren erkor Matthias Habich die Seine-Stadt zu seinem Exil. Heute ist sie für den deutschen Charakterdarsteller zu einer zweiten Heimat geworden. Ein Begriff, der für den Schauspieler mit dem kantigen Charakterkopf etwas ungewöhnlich klingt. Denn Habich, der als Friedrich Freiherr von der Trenck und in der oscargekrönten Produktion „Nirgendwo in Afrika“ Fernseh- und Filmgeschichte geschrieben hat, ist ein ewiger Nomade, der zwischen Paris, Hamburg, Berlin und Zürich pendelt. „Leute, die zu sentimental an ihrer Heimat hängen, stören mich. Ich bin nicht so sehr für Wurzeln. Ich bin für Flügel“, bekennt der Schauspieler, der am heutigen Dienstag, 12. Januar, seinen 70. Geburtstag feiert. Ob er in Paris, Berlin oder Zürich, wo er seinen Zweitwohnsitz hat, feiern wird, gibt er nicht preis.
Habich gibt nur selten Interviews und wacht über sein Privatleben mit Argusaugen. Als Anfang der 70er Jahre zwei Reporter in seine Wohnung in München einbrachen, zog der damals 32-Jährige sofort die Konsequenzen und nach Paris. Ein Land, dessen Sprache er schon lange vor seinem Exil schätzte. Als Jugendlicher hatte er sich in eine hübsche Französin verliebt.
Sein Nomadendasein nennt er Vagabundieren. Ein Zustand, der seine tieferen Gründe in seiner Flucht hat. Als Fünfjähriger floh der 1940 in Danzig geborene Schauspieler am Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen mit seinen beiden Geschwistern und seiner hochschwangeren Mutter nach Hamburg. Eine schwere, aber keine traumatisierende Zeit. „Es war für mich als Kind sogar eine abenteuerliche Zeit. Wir hatten eine sehr schöne Zeit zusammen – und haben gemeinsam viel Theater gemacht“, erinnerte er sich. Seine Mutter hatte die Familie mit Kabarettstücken durchgebracht. „Ich musste nie die Entscheidung fällen, Schauspieler zu werden“, erklärt Habich. Ihm wurde die Schauspielerei in die Wiege gelegt. Als 14-Jähriger stand er erstmals auf einer Pennäler-Bühne, und als 32-Jähriger zog er ganz Deutschland als Fernsehstar in „Friedrich Freiherr von der Trenck“ und dem erfolgreichen Mehrteiler „Abenteuerlicher Simplicissimus“ in den Bann.
Danach eroberte Habich das Kino. Zu den größten Erfolgen gehören neben „Jenseits der Stille“(1995) und „Der Untergang“ (2004) zwei Literaturverfilmungen nach Romanen von Nobelpreisträger Günter Grass: „Die Rättin“ (1997) und „Unkenrufe“ (2005). Der Charakterdarsteller schlüpfte in seiner langen und erfolgreichen Karriere in unzählige Rollen, auch auf der Theaterbühne. Matthias Habich faszinierte als Hamlet und Faust, als Wilhelm Tell und König Artus, er brillierte als eiskalter Soldat, als Nazi, sensibler Emigrant, introvertierter Schriftsteller, zärtlicher Liebhaber und strenger Vater. Habich hat die bedeutendsten Rollen mit seinem markanten Gesicht geprägt – nur wenige deutsche Schauspieler können das von sich behaupten.