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Interview: Warum Bjarne Mädel gerne mal gewalttätig wäre

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Interview: Warum Bjarne Mädel gerne mal gewalttätig wäre

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    „Dietmar wird nie Porsche fahren“: Bjarne Mädel über seine Rolle in der Eifelserie „Mord mit Aussicht“.
    „Dietmar wird nie Porsche fahren“: Bjarne Mädel über seine Rolle in der Eifelserie „Mord mit Aussicht“. Foto: Foto: dpa

    Er spielt nie den tollen Hecht, sondern meistens kleine Fische – aber das macht Bjarne Mädel so großartig, dass das Publikum ihn ins Herz geschlossen hat und Kritiker seinen Namen voller Respekt nennen. Der 44-jährige Schauspieler verkörpert gleich in drei aktuellen Fernsehserien Schlüsselfiguren, die dem Zuschauer in Erinnerung bleiben: In „Stromberg“ ist er der tragische Bürotrottel Ernie, der von allen gemobbt wird, in „Der Tatortreiniger“ putzt er ungerührt die Schauplätze blutiger Verbrechen (und erhielt den Grimme-Preis dafür), in „Mord mit Aussicht“ spielt Mädel den wackeren Polizisten Dietmar aus dem Eifelkaff Hengasch, der seine aus der Großstadt strafversetzte Chefin Sophie (Caroline Peters) immer wieder mit seiner unerschütterlichen Gemütsruhe zur Weißglut treibt. Die skurrilen Provinzkrimis gehen in die nächste Runde, ab 28. August zeigt die ARD immer dienstags um 20.15 Uhr neue Folgen von „Mord mit Aussicht“. Ein Gespräch mit Mädel über kleine Leute und Chefs.

    Frage: In den neuen Folgen der Serie „Mord mit Aussicht“ spielen Sie wieder den braven Dorfpolizisten Dietmar, der am liebsten Autofahrer blitzt. Hat die Figur etwa ein reales Vorbild?

    Bjarne Mädel: Nicht direkt. Ich glaube, alle provinziellen deutschen Männer sind irgendwie ein bisschen wie Dietmar. Mit ihm kann man gut Fußball gucken, auch mal ein Bierchen trinken, er ist verlässlich, hat aber überhaupt keinen Ehrgeiz. Er will nicht der beste Polizist der Welt werden, sondern pünktlich Feierabend machen.

    Und seine Frau gibt ihm täglich ein Wurstbrot mit zur Arbeit . . .

    Mädel: Wenn ihm seine Frau die Wurststulle in die Tupperware packt, ist das natürlich nah am Klischee. Aber es sind gerade solche Details, die für mich beim Spielen einer Figur Kontur verleihen. Wenn ich weiß, dass der Dietmar immer Fleischwurst isst, dann weiß ich, was für ein Mensch er ist. Der würde nicht so gerne Heringssalat essen, das wäre ihm zu sauer.

    Sie spielen mittlerweile drei bemerkenswerte Serienfiguren: Dietmar in „Mord mit Aussicht“, den Putzmann im „Tatortreiniger“ und Ernie in „Stromberg“. Alles Verlierertypen, oder?

    Mädel: Ich finde gar nicht, dass das Verlierer sind. Klar, wenn man das am Gehalt festmacht, dann sind das alle keine Gewinner – Dietmar wird nie Porsche fahren. Aber er ist nicht unzufrieden mit seinem Leben, er ist einfach ein deutscher Beamter. Dann würde man ja sagen, dass alle Beamten Verlierer sind.

    Aber klassische Gewinnertypen der Sorte „Mein Haus, meine Yacht, mein Sportwagen“ sind die drei nicht . . .

    Mädel: Es stimmt schon, ich spiele da nicht unbedingt den Chef. Aber ob jemand unten steht auf der Karriereleiter oder weiter oben, ist mir gar nicht so wichtig. Ich finde eine andere Gemeinsamkeit wichtiger: Die sind nicht falsch, sondern total direkt – die sagen, was sie denken. Das mag ich an allen drei Figuren. Wenn man sagt, ich spiele immer die Trottel, die Verlierer, dann ist mir das zu einfach. Die Figuren haben ja auch Tiefe und Tragik.

    Sind die kleinen Leute interessanter zu spielen als Manager und Millionäre?

    Mädel: Ich finde Chef-Figuren nicht prinzipiell langweilig, ich finde nur Menschen langweilig, die kein Problem haben. Da weiß ich gar nicht, was ich da spielen soll. Im Theater sagen wir: Den König spielen die anderen. Einen von denen zu spielen, die sich verbeugen und dabei vielleicht auch noch stolpern, finde ich spannender als der König zu sein.

    Stört es Sie nicht, dass die Leute Sie mittlerweile mit diesem Rollentypus verbinden?

    Mädel: Nein, es stört mich gar nicht, weil ich ja auch andere Sachen spiele und weiß, dass ich nicht nur Verlierer kann. Jetzt sag' ich auch schon „Verlierer“ . . .

    Was würden Sie gerne mal spielen?

    Mädel: Ich hätte große Lust, mal eine Figur zu spielen, die noch weiter von mir weg ist, weil sie zum Beispiel nur über Aggressionen funktioniert, einfach nur gewalttätig oder böse ist.

    Sie selber sind wohl mehr der friedliebende Typ?

    Mädel: Ich bin nicht so der Streitsucher, ich gehe abends nicht aus, um mich zu prügeln. Auf dem Schulhof war ich auch immer derjenige, der eher mal einen Witz gemacht hat oder im Zweifelsfall schnell weglaufen konnte. Ich hatte auch nie diese pubertäre Auflehnungsphase. Vielleicht würde ich so was ja deshalb gerne mal spielen, einfach um zu sehen, wie weit meine Glaubwürdigkeit reicht. Wenn die Zuschauer denken, dass ich so bin wie meine Rollen, dann ist das für mich das größte Lob.

    Verwechseln Ihre Fans manchmal Figur beziehungsweise Rolle mit Ihnen?

    Mädel: Nein, die können das schon auseinanderhalten. Wenn wir „Stromberg“ drehen und ich mit dieser blöden Frisur durch Köln laufe, werde ich öfter auf die Rolle angesprochen, aber ich höre nicht ständig „Hey, Ernie, du stinkst!“. Im Moment habe ich den Schnurrbart vom „Tatortreiniger“, weil wir neue Folgen drehen.

    Für die ersten Folgen von „Der Tatortreiniger“ gab es viel Kritikerlob und den Grimme-Preis – aber die versteckte Programmierung wurde viel getadelt . . .

    Mädel: Der NDR hat wegen der Programmierung viel auf die Rübe bekommen, aber ich finde es positiv, dass der Sender überhaupt den Mut hatte, uns das machen zu lassen. Auch in den neuen Folgen gibt es wieder einige Stellen, wo man sagt: Das ist hart, das muss man sich erst mal trauen. Aber unser Thema ist nun mal auch der Tod, und der lauert um die Ecke, da kann man ja nicht alles glatt bügeln. In dem Projekt steckt viel Herzblut von mir drin.

    Und wie geht es mit „Stromberg“ weiter, der Serie, die Sie bekannt gemacht hat?

    Mädel: Es war fest geplant, dass wir im Herbst einen „Stromberg“-Kinofilm drehen, da gab es ja das Finanzierungsmodell des Crowdfundings, das sensationell gut funktioniert hat. Wir haben aber leider kürzlich vom Produzenten gesagt bekommen, dass die Dreharbeiten trotzdem erst nächstes Jahr beginnen. Ich bin auf jeden Fall dabei, aber was mit Ernie passiert, weiß ich noch nicht.

    War die große Popularität durch diese sehr polarisierende Serienfigur für Sie mehr Fluch oder mehr Segen?

    Mädel: „Stromberg“ war auf jeden Fall ein Segen für mich. Natürlich bekomme ich jetzt Drehbücher angeboten, nach denen ich wieder den Bürotrottel spielen soll, der viel schwitzt, nicht ganz dicht ist und noch bei seiner Mutter wohnt. Aber ich habe durch die Serie eine Bekanntheit bekommen, die mir andere Sachen überhaupt erst erlaubt haben – zum Beispiel den „Tatortreiniger“ oder „Mord mit Aussicht“.

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