Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten

HAMBURG: Interview: Wie Jan Fedder frischen Wind nach St. Pauli bringt

HAMBURG

Interview: Wie Jan Fedder frischen Wind nach St. Pauli bringt

    • |
    • |
    Jan Fedder: „Ich lebe schon sehr lange auf St. Pauli und weiß da ganz gut Bescheid.“
    Jan Fedder: „Ich lebe schon sehr lange auf St. Pauli und weiß da ganz gut Bescheid.“ Foto: Foto: dpa

    Er ist ein echtes Hamburger Original und zählt zu den beliebtesten Schauspielern Deutschlands: Jan Fedder, der seit vielen Jahren in seiner Paraderolle als Kiez-Polizist Dirk Matthies der Vorabendserie „Großstadtrevier“ seinen Stempel aufdrückt und gerade eine Krebserkrankung überstanden hat. Ab Montag, 25. November, zeigt die ARD immer montags um 18.50 Uhr neue Folgen der beliebten Serie, in denen sich für Matthies alles ändert: Der bärbeißige Polizist hängt nach einem tragischen Zwischenfall die Uniform an den Nagel und ermittelt fortan in Zivil. Fedder, am 14. Januar 1955 in Hamburg geboren, wuchs im Stadtteil St. Pauli auf und stand schon mit 13 Jahren zum ersten Mal vor der Kamera. Seinen Durchbruch feierte er 1981 in Wolfgang Petersens Kinofilm „Das Boot“, es folgten zahlreiche Auftritte im Fernsehen, 1991 fand er im „Großstadtrevier“ die Rolle seines Lebens.

    Frage: Wie geht es Ihnen nach Ihrer überstandenen Krebserkrankung?

    Jan Fedder: Ganz hervorragend. Die Behandlungen sind abgeschlossen, und mein Arzt ist ganz überwältigt: Zu über 90 Prozent ist alles wieder in Ordnung. Ich bin gottfroh, das können Sie mir glauben.

    Haben Sie durch die Krankheit eine andere Sichtweise aufs Leben gewonnen?

    Fedder: Nein, gar nicht. Ich lebe sowieso schon mein ganzes Leben lang so, als ob jeder Tag der Letzte sein könnte. Das Rauchen habe ich allerdings völlig eingestellt. Das vermisse ich zugegebenermaßen schon ab und zu, vor allem abends.

    Jetzt sind Sie nach langer Pause wieder im „Großstadtrevier“ als Polizist Dirk Matthies zu sehen, der nun allerdings einen anderen Job bekommt.

    Fedder: Genau, in Folge neun der neuen Staffel erschießt er einen jungen Menschen, und das geht ihm so an die Nieren, dass er alles hinschmeißen möchte. Dann kriegt er aber das Angebot, als Milieuermittler weiterzumachen. Die Zuschauer werden sich also an einen Dirk Matthies ohne Uniform gewöhnen müssen. Als Milieuermittler bin ich im Ledermantel unterwegs.

    Warum das Ganze?

    Fedder: Warum nicht? Wir wollten einfach ein bisschen frischen Wind in die Serie bringen. Man muss ab und zu auch was Neues ausprobieren, und wenn es den Zuschauern nicht passt, dann zieht Dirk Matthies die Uniform irgendwann halt wieder an.

    Was macht Matthies als Milieuermittler?

    Fedder: Der ist in St. Pauli unterwegs, hört sich in den Kneipen und Bars um, ist also ganz nah dran am Milieu. Diese Leute gibt es in Hamburg wirklich, denen geht es vor allem darum, schon im Vorfeld von geplanten Straftaten Wind zu bekommen und sie dadurch zu verhindern. Dirk Matthies kennt sich ja auf dem Kiez bestens aus.

    Und Jan Fedder?

    Fedder: Der natürlich auch (lacht). Ich lebe schon sehr lange auf St. Pauli und weiß da ganz gut Bescheid. Mir muss da keiner was erzählen.

    Ziehen Sie noch häufig um die Häuser?

    Fedder: Nö, ich bin ein bisschen ruhiger geworden. Man darf ja nicht vergessen, dass ich bald 60 werde, das wäre ja albern, wenn ich da noch Nacht für Nacht unterwegs wäre. Ich guck' abends Fernsehen wie andere Leute auch.

    Ihre Eltern hatten eine Kneipe auf St. Pauli, da sind Sie schon als Kind mit dem Milieu in Berührung gekommen.

    Fedder: Na klar, ich bin ja am Hafen groß geworden. Meine Eltern haben allerdings jeden Abend schon um 18 Uhr zugemacht, damit mein Bruder und ich das Elend von den Besoffenen nicht mitkriegen. Dass man da trotzdem vieles mitbekommt, lässt sich natürlich nicht vermeiden. Das muss aber nicht unbedingt schlecht sein, weil man auch eine große Toleranz gegenüber vielen anderen Dingen ausbildet, wenn man da aufwächst und lebt.

    Das Leben auf St. Pauli wird auch oft verklärt. Wie ist das mit der Rotlicht-Romantik?

    Fedder: Mit der ist es nicht mehr so weit her, Hans Albers ist tot. Früher war das schon noch gemütlicher auf dem Kiez, und es ist auch ehrlicher zugegangen als heute. Und weniger brutal: Wenn eine Hauerei war und jemand lag auf dem Boden, dann war das vorbei, da hat man nicht noch reingetreten. Es gab auch keine Waffen – ganz anders als heute. Ich möchte nicht mehr jung sein, kann ich da nur sagen.

    Haben Sie sich früher auch ab und zu geprügelt?

    Fedder: Ich bin glücklicherweise meistens dran vorbeigekommen, weil ich ganz gut sabbeln konnte (lacht). Mein gut geöltes Mundwerk hat mir manchmal eine Schlägerei erspart – nicht immer, aber des Öfteren schon. Das ist aber alles schon 500 Jahre her, da müssen wir nicht länger drüber reden.

    Hätte es denn sein können, dass Sie als junger Mann ins Milieu abdriften?

    Fedder: Das hätte schon passieren können, aber ich habe ja ganz früh den Beruf des Schauspielers ergriffen, und das hat mich in gewisser Weise auch davor bewahrt, abzudriften und in irgendwelche Geschichten reinzurutschen. Die Schauspielerei hat mich gerettet, wenn Sie so wollen. Ich übe den Beruf jetzt seit 45 Jahren aus und bin dafür dankbar.

    Nie die Faxen dick gehabt?

    Fedder: Um Gottes willen nein, ich bin süchtig nach diesem Beruf. Ich muss jeden Tag los, das brauche ich. Auch wenn man sich jetzt wieder den Arsch abfriert (lacht). Von mir aus kann das mit dem „Großstadtrevier“ noch 25 Jahre weitergehen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden