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WÜRZBURG: Kammerspiele des Mainfranken Theaters: Gratwanderung mit Emilia Galotti

WÜRZBURG

Kammerspiele des Mainfranken Theaters: Gratwanderung mit Emilia Galotti

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    Packende Inszenierung: Christina Theresa Motsch und Klaus Müller-Beck in „Emilia Galotti“ am Würzburger Mainfranken Theater.
    Packende Inszenierung: Christina Theresa Motsch und Klaus Müller-Beck in „Emilia Galotti“ am Würzburger Mainfranken Theater. Foto: Foto: Gabriela Knoch

    Welche Erwartungen darf man an eine Inszenierung von Lessings „Emilia Galotti“ heute haben? Und welche Erwartungen an sich (und den Zuschauer) stellen die Figuren in diesem Meilenstein des deutschen Theaters knapp 240 Jahre nach seiner Uraufführung?

    In einem Vorspiel liefern die sieben Darsteller in den Kammerspielen des Würzburger Mainfrankentheaters in kurzen Statements eine Fülle möglicher Erwartungen – um sie anschließend ebenso wie die gewohnte Rezeptionsgeschichte des Textes sämtlich zu unterlaufen.

    Denn Angelika Zaceks packende Inszenierung entpuppt sich als gelungener Spagat zwischen dem 18. und dem 21. Jahrhundert, auch wenn die Gratwanderung in mancher Szene haarscharf an einem Absturz vorbeischrammt. Zugrunde liegt ihr die These, dass Lessings Figuren weniger durch die Standes- und Machtunterschiede zwischen Adel und Bürgertum getrennt, als vielmehr durch gemeinsame Erfahrung von Gewalt verbunden sind.

    Optisch zeigt sich der auf allen lastende Erwartungsdruck in Christopher Kempfs Bühnenbild durch ein Podest, das nahezu die gesamte Bühnenfläche einnimmt und die ohnehin geringe Raumhöhe der Kammer geradezu beklemmend erniedrigt: Alle leiden unter diesen klaustrophobischen Zwängen, finden keinen Ausweg aus den auf ihnen lastenden gesellschaftlichen Erwartungen und moralischen Zwängen. Weder die politischen (Philipp Reinheimer als liebestoller Prinz) noch die familiären Machtträger (Klaus Müller-Beck als Vater Galotti), die trotz ihrer Machtfülle unter der Bürde der auf ihnen lastenden Gewohnheiten und Erwartungen förmlich zerbrechen. Weder die verflossene Geliebte des Prinzen, die Gräfin Orsini (Anne Diemer), die immerhin die Hintergründe der intriganten Machenschaften des Kammerherren offenbart, aber auch nicht der willfährige Strippenzieher Marinelli (bestens aufgelegt: Kai Christian Moritz), der im selbst auferlegten Zwang, die Wünsche seines Herrn zu erfüllen, grandios scheitert und am Ende als mehrfacher realer und virtueller Mörder vom Scherbenhaufen seiner Taten überwältigt wird. Und schon gar nicht der Graf Appiani (Torben Föllmer), Emilias Mutter (glänzend: Maria Brendel), die am Ende ebenso tot sind wie die ihrer Ehre und der Familienwürde beraubte Emilia Galotti (Christina Theresa Motsch).

    Das Ensemble hält die Spannung von Anfang bis Ende hoch, zaubert mit intensivem Körperspiel wunderbare Slapstick-Momente in die enge Kammer, meistert auch die gelegentliche Fallhöhe zwischen Lessings Sprache und modischen Regieeinfällen souverän und schafft in vielen Dialog-Szenen, am gelungensten zwischen Gräfin Orsini und dem Kammerherren, starke und nachhaltige Momente. Nimmt man den stürmischen Beifall als Maßstab, wurden die Erwartungen des Premierenpublikums in keinster Weise enttäuscht.

    Die nächsten Vorstellungen: 14., 21., 25., 30. Dezember, 4., 7., 8., 14., 16., 22., 25. Februar (auf dem Spielplan bis 9. Juni). Eintrittskarten unter Tel. (09 31) 39 08 - 1 24.

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