Viele Solokonzerte sind legendär. Schumanns Violinkonzert ist es nicht. Nach wie vor wenig bekannt, wurde das Werk wegen Qualitätszweifeln lange zurückgehalten – und blieb auch beim Kissinger Sommer flach.
Schon die Orchestereinleitung dümpelt lau vor sich hin; Schumanns typische Handschrift ist nur schwer zu erkennen. Und doch widmet sich Midori, die weltberühmte japanische Geigerin, dem Stück mit absoluter Hingabe. In einer quecksilbrigen Interpretation bezaubert sie mit feinem, leichtem und schmalem Ton, dem sie niemals Druck, immer aber größtmögliche Intensität angedeihen lässt. Das zeigt auch ihre ganz eigene Körperhaltung, wenn sie sich – oft nach vorn übergebeugt – buchstäblich in die Musik hineinkrümmt. Bei der Lautstärke hält sie sich eher zurück. Die Tschechische Philharmonie ist also zu hellwachem Horchen aufgefordert, um sie nicht zu überdecken – was einschränkungslos funktioniert.
Eine Führungspersönlichkeit
James Gaffigan, sonst Chefdirigent des Luzerner Sinfonieorchesters, ist ein Kapitel für sich. Der schwarz gelockte, breitschultrige US-Amerikaner Mitte 30 ist eine Führungspersönlichkeit, die vor Körperspannung nur so strotzt. In Dvoøáks „Mittagshexe“, einer etwas plakativen Sinfonischen Dichtung, zieht sein extrovertiertes, glasklares Dirigat die Aufmerksamkeit magnetisch auf sich – die des Publikums, vor allem aber die des Orchesters.
Dass die erste Konzerthälfte zwar hohe interpretatorische Qualität bietet, das Programm aber nur teilweise überzeugt, macht Dvoøáks dramatische 7. Sinfonie d-Moll tausendfach wett. Wie ungleich packender schon der dramatische Beginn! Hier, im Allegro, schöpft das Orchester aus dem Vollen, legt im Scherzo einen wild bewegten Wiener Walzer hin. Wie Gaffigan das Vivace quasi ins Finale hinüberzieht – es fliegen im Blech die Fetzen, es groovt in Kontrabässen und Pauke, das Werk wird zur körperlichen Erfahrung.
Dvoøák Slawischen Tanz Nr. 1 als heftig erklatschte Zugabe treibt Gaffigan in ein absurdes Tempo, dem das Orchester mühelos standhält. Stürmischer Applaus und Bravos aus allen Richtungen für ein tolles Orchester und einen grandiosen Dirigenten.