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ASCHAFFENBURG/BAD BOCKLET: Kunst geht fremd: Aus Liebe zur Kunst Ostasiens

ASCHAFFENBURG/BAD BOCKLET

Kunst geht fremd: Aus Liebe zur Kunst Ostasiens

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    Die Leih-Vase: Echsen und Löwen, farbenfroh gemalte Blüten, Vögel und Insekten.
    Die Leih-Vase: Echsen und Löwen, farbenfroh gemalte Blüten, Vögel und Insekten. Foto: Foto: Graf Luxburg Museum

    Kunst geht unter die Haut – so lautet das Motto der diesjährigen Aktion „Kunst geht fremd“, die Exponate aus zehn verschiedenen Museen quer durch Unterfranken schickt und so in einen ungewohnten Kontext stellt. Von Haus aus ungewohnt ist der Kontext der Bodenvase, die zurzeit in den Museen der Stadt Aschaffenburg zu sehen ist. Denn dass sich im Schloss Aschach nahe Bad Bocklet (Lkr. Bad Kissingen) eine bedeutende Sammlung ostasiatischer Kunst befindet, würde man nicht unbedingt vermuten. Um die 400 Objekte haben die Grafen Luxburg, die sich mit chinesischem und japanischem Kunsthandwerk sehr gut auskannten, dort zusammengetragen.

    Knapp 65 Zentimeter hoch ist die Bodenvase, die nun in Aschaffenburg ausgestellt ist, normalerweise aber im „Roten Salon“ steht – einem der Räume, die in ihrer originalen Ausstattung der letzten Bewohner von Schloss Aschach, der Grafen Luxburg, erhalten und zu besichtigen sind. Friedrich Graf von Luxburg, damals Regierungspräsident von Unterfranken und Aschaffenburg, hatte das Schloss 1873 als Wohnsitz für seine Familie gekauft. Der Kunstsammler stattete es mit wertvollen Kunstwerken aus, darunter auch chinesisches und japanisches Porzellan.

    Zwei Jahre nach dem Kauf des Schlosses begann er, auf dem heimischen Kunstmarkt in Bad Kissingen und Würzburg danach zu suchen. Auch sein Bruder Max und seine Schwester Caroline Baronin von Cetto, die Hofdame bei Königin Marie von Bayern war, steuerten etwas zur Sammlung bei. Schlösser mit Porzellan auszustatten hatte Tradition, denn lange Zeit war das weiße Gold eine begehrte Importware, erst Anfang des 18. Jahrhunderts begann man in Europa, selbst Porzellan herzustellen. Und die Luxburgs stellten ihre Sammlung nicht in die Vitrine, sondern lebten mit den Kunstgegenständen.

    In der Verbotenen Stadt

    Der größte Teil der Sammlung stammt jedoch von Friedrichs Sohn Karl, der als Diplomat zunächst nach Amerika, England und Ägypten ging und sich 1905 als Zweiter Gesandter Wilhelm des Zweiten nach Beijing meldete – wohl auch wegen seiner Liebe, seiner Begeisterung für die Kunst und Kultur Ostasiens. Zweimal war er in Beijing zu Empfängen in der Verbotenen Stadt eingeladen, wo er die mächtige Kaiserinwitwe Cixi und den jungen Kaiser Zaitian zu Gesicht bekam. In Sachen Eisenbahnausbau reiste er zu Pferd mit Dolmetschern, Koch und Diener in den Norden des Landes – bis hin zur Chinesischen Mauer und zur Wüste Gobi.

    Während seiner zweijährigen Tätigkeit in China klapperte er die Antiquitätenhändler ab, kaufte Porzellane und Keramiken, Elfenbein-, Rotlack- und Jade-Schnitzereien, Bronzebuddhas und Weihrauchschalen, einiges davon aus alten Dynastien vor Christi Geburt stammend. „Er ist zum Teil stundenlang über Land geritten, um einem Kunsthändler eine ganz bestimmte Vase abzukaufen“, berichtet Annette Späth von den Museen Schloss Aschach. In einer steckten sogar noch Kaufbelege, auf denen genau dokumentiert ist, wie viel Yuan für welches Stück bezahlt wurden. „Dass Luxburg sich wirklich auskannte und zudem nicht auf Exportware angewiesen war, sondern direkt vor Ort kaufte, macht die Sammlung zu etwas ganz Besonderem.“

    Ein Umweg über Japan

    Als der Vater Ende 1906 in Würzburg stirbt, beantragt Karl Heimaturlaub – die Reise nutzt er für einen Umweg über Japan, um das Land zu entdecken und auch dort Kunstgegenstände zu kaufen. Bei der Vorbereitung seiner Abreise fegen bereits „Stürme von Unruhen und Aufstände durch das Land“: Das chinesische Kaiserreich ist zusammengebrochen und die Republik ausgerufen. Die Sammlung nach Europa zu bringen, erweist sich in den Wirren des Ersten Weltkrieges als schwierig.

    In Kalkutta werden die Kisten von den Engländern beschlagnahmt, erst Anfang der zwanziger Jahre kommen sie in Aschach an. Die Textilien sind danach vom Meerwasser durchnässt und unbrauchbar, auch die Porzellane, obwohl in wochenlanger Mühe in kleine, mit Stroh ausgelegte Kisten verpackt, haben zum Teil Schaden genommen.

    Im Schloss werden die Wohnräume der Grafen dann mit den Objekten geschmückt. Gräfin Carola soll es geliebt haben, die großen Vasen und Schalen in der Diele mit üppigen Blumensträußen zu bestücken. An den Wänden, auf Schränken, Kommoden, Kaminen und Schreibtischen findet man heute noch die Porzellane, Buddhas und Weihrauchbrenner aus Bronze, Gegenstände aus Elfenbein, Lack und Jade. 1955 schenkt Karl, der keine direkten Nachkommen hat, das Schloss mit dem gesamten Inventar dem Bezirk Unterfranken, der es zu einem Museum umgestaltet. Inzwischen sei die Sammlung auch wissenschaftlich bearbeitet, der Katalog dazu erschienen, so Späth: „Wir hoffen, dass die herausragende Sammlung, die hier in Schloss Aschach niemand vermuten würde, dadurch etwas bekannter wird.

    “ Die Porzellanvase, die für den Tausch ausgewählt wurde, ist mit applizierten Echsen und Löwen, mit farbenfroh gemalten Blüten, Vögeln und Insekten verziert. „Viele der Vasen stechen durch ihre Form heraus. Bei dieser ist dagegen fällt vor allem die aufwendige Fassung ins Auge“, sagt Annette Späth. „Das passte gut zum Thema Haut.“ Noch bis zum 8. November wird die Vase in Aschaffenburg im Schlossmuseum zu sehen sein, wo es einen direkten Bezug gibt: Unter anderem befindet sich dort eine Sammlung kunsthandwerklicher Objekte, darunter Porzellan, Steingut und Fayencen.

    Schlossmuseum Aschaffenburg

    Das Schlossmuseum im Aschaffenburger Renaissanceschloss Johannisburg zeigt Kunstwerke und historische Zeugnisse aus sechs Jahrhunderten, darunter auch Keramiken. Schloss Johannisburg, Schlossplatz 4, Aschaffenburg, Tel. (0 60 21) 38 67 40; geöffnet April bis September 9-18 Uhr; Oktober bis März 10-16 Uhr; Montag geschlossen.

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