Als Dirigent füllt er Konzerthallen in aller Welt, und die Menschen jubeln ihm zu. Kurt Masur ist ein Weltbürger, zu Hause in Leipzig genauso wie in New York oder Paris. Dabei möchte er nicht, dass viel Aufhebens von ihm gemacht wird. Am 18. Juli wird der Maestro 85 Jahre alt.
Das Leipziger Gewandhaus ehrt seinen ehemaligen Kapellmeister und Ehrendirigenten mit drei Geburtstagskonzerten. Am 29. September will er das Konzert zur Verleihung des Internationalen Mendelssohn-Preises zu Leipzig leiten. An den beiden Tagen davor dirigiert Masur, der seit Jahren an Parkinson leidet, zwei weitere große Konzerte. Dabei hatte er sich erst im Frühjahr in Paris das Schulterblatt gebrochen, als er bei einem Konzert rücklings stürzte. Im September will er aber wieder ans Pult zurückkehren.
In Leipzig eine Instanz
In Leipzig ist Kurt Masur nicht nur der Musikstar, sondern eine Instanz. Etwa 30 Jahre lang prägte er das Musikleben der sächsischen Messestadt. 1970 wurde er Gewandhauskapellmeister. Er leitete das größte Berufsorchester der Welt 26 Jahre lang. 900 Tourneekonzerte und 42 Uraufführungen fallen in diese Ära.
Zum Dirigieren kam der im schlesischen Brieg geborene Sohn eines Ingenieurs nach seinem Studium von Komposition und Orchesterleitung in Leipzig. Er arbeitete als Dirigent in Halle, Erfurt, Dresden, Schwerin, Berlin und gastierte in mehreren europäischen Ländern. International gehört Masur zur ersten Reihe der zeitgenössischen Dirigenten. Von 1991 bis 2002 etwa war er Chefdirigent des New York Philharmonic Orchestra.
Der berühmte Kurt Masur durfte auch schon zu DDR-Zeiten im westlichen Ausland Konzerte geben. Seine Prominenz nutzte er – für sein Orchester und für die Stadt. Etwa als es darum ging, ein neues Konzerthaus zu bekommen. Er setzte seinen Willen durch: Das neue Gewandhaus steht mitten auf dem Leipziger Augustusplatz.
Held der friedlichen Revolution
Seine Prominenz nutzte er auch, als er für kurze Zeit zum Politiker wider Willen und zu einem der Dirigenten der friedlichen Revolution von 1989 wurde. Er war Motor und gehörte zu den „Leipziger Sechs“, die sich mit dem Appell „Keine Gewalt“ an die mutigen Leipziger Montagsdemonstranten und die Staatsmacht wandten. „Keine Gewalt“ wurde zum Motto des Wendeherbstes in der DDR. „Leipzig hat mich immer getragen, ich durfte immer ich selbst sein“, sagte er unlängst bei der Verleihung des Kulturpreises der Freimaurer. Masur ist Präsident der Internationalen Mendelssohn-Gesellschaft mit Sitz in Leipzig. Dass er wesentlich mit für die Renaissance des Werkes von Felix Mendelssohn Bartholdy gesorgt hat, gehört zu seinen großen Verdiensten. Mendelssohn war wie Masur Gewandhauskapellmeister und gründete in Leipzig das erste Konservatorium in Deutschland. Dort studierte Masur nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit viel Engagement setzte sich Masur auch für die Sanierung des Mendelssohn-Hauses in Leipzig ein. Der Bau gehört zu jenem Gebäudeensemble, das Sachsen für die Aufnahme ins Weltkulturerbe vorschlagen will. Masur habe seiner Biografie nicht umsonst den Mendelssohn-Satz vorangestellt, dass Leben und Kunst nicht zweierlei seien, sagt der Leiter des Hauses, Jürgen Ernst. „Das lebt er exemplarisch vor“, sagt Ernst.