Es ist für einen Seriendarsteller unfair genug, wenn er sich permanent gegen den Kuschelbonus irgendeines Tiers behaupten muss, ob Pferd, Collie, Delfin oder Känguru (einzige Ausnahme: die wunderbare junge Liz Taylor in „Lassie“). Aber wenn einen ein Auto an die Wand spielt, dann muss das richtig weh tun. David Hasselhoff ist das als Michael Knight in „Knight Rider“ (1982–1986) passiert, aber, das muss man ihm lassen, er hat es mit Würde (und makelloser Frisur) ertragen. Dabei war das sprechende, denkende, mahnende Wunderauto K.I.T.T. noch nicht der Tiefpunkt im Aufmerksamkeitskampf des David Hasselhoff. Als er den Oberbademeister in „Baywatch“ (1989–2001) gab, waren für einen Großteil des Publikums, nun ja, andere Personen interessanter.
Denn, so dachte man damals zumindest, „Knight Rider“ und „Baywatch“ schauten vor allem Jungs. Heute wissen wir, dass David Hasselhoff gerade in Deutschland eine treue – weibliche – Fangemeinde hatte, die ihm nicht einmal seinen Hit „Looking for Freedom“ übelnahm, der zwar nicht die Grenze zwischen Ost und West, wohl aber die des guten Geschmacks überwand.
Doch zurück zu „Knight Rider“. Das Wunderauto ist später Vertreter einer uralten Tradition, die nicht erst mit den Zaubermaschinen eines Leonardo da Vinci beginnt. Wo da Vinci glaubte, seine Kriegsmaschinen könnten, richtig eingesetzt, die Welt besser machen, steht K.I.T.T. (für „Knight Industries Two Thousand“) für die Möglichkeit, Vernunft technisch zu erschaffen. Ein sozusagen beseeltes Ding, geschaffen von Menschen (und gewartet von sexy Technikerinnen), um die Menschen zu retten. Voreinander, vor allem aber vor sich selbst. K.I.T.T. erfüllt unseren geheimen Wunsch, dass wir uns eines Tages a) die Technik tatsächlich Untertan machen und b) dass wir ihr all unsere Sorgen und Nöte zur Lösung übergeben können. Dieser Wunsch besteht immer noch, nur richtet er sich heute nicht mehr an ein albernes, rechthaberisches Auto, sondern an Facebook, Twitter und Co.
Ein weiterer, technikaffiner Träger einer großartigen Frisur ist MacGyver (1985–1992). Wie Michael Knight arbeitet MacGyver (Richard Dean Anderson) für irgendeine Stiftung, deren Stiftungszweck die Rettung der Welt ist. Kurz: Auch er bewegt sich außerhalb jeglicher demokratischer Legitimation und übt permanent Selbstjustiz. Aber das ist nicht das Thema. MacGyver ist, wenn man so will, das genaue Gegenteil von Knight Rider. Während Letzterer mit K.I.T.T. die perfekte Technik fix und fertig vor die Tür gestellt bekommt, fängt Ersterer immer wieder bei Null an.
MacGyver muss in jeder Folge wahlweise die Welt oder eine schöne Frau (mit toller Frisur) retten. Meistens beides. Damit seine Talente richtig zur Geltung kommen, begibt er sich schnurstracks in eine aussichtslose Situation. Der dramaturgische Weg dorthin ist meist ebenso schnörkellos wie vorhersehbar. Man sieht böse Schatten durchs Bild huschen, dann die schwarz behandschuhte Klaue des Bösewichts, die das Telefonkabel aus der Wand reißt, und schon sitzen MacGyver und die Schöne in der Tinte. Mit dieser Tinte, einer Büroklammer, einem Apfelbutzen, einem alten Hut und einer Tube Zahnpasta baut er dann wahlweise eine Bombe, einen Heißluftballon oder ein Unterseeboot, mit dem die beiden fliehen können. Vermutlich ist dieser MacGyver der einzige Mensch, der wirklich begriffen hat, was man mit so einem Chemiebaukasten alles anstellen kann, wenn man sich ein wenig bemüht. Eine weitere Perle der 80er ist „Das A-Team“ (1983–1987), das den Einzelkämpfer durch – eben – das Team ersetzt. Auch hier liegt ein Fall übelster Selbstjustiz vor, natürlich für die gute Sache. Die Charaktere erinnern in ihrer totalen Unflexibilität ein wenig an die Figuren der Commedia dell'arte: Da gibt es den smarten Chef, den gelackten Schönling, den durchgeknallten Hyperaktiven und den bulligen Haudrauf. Man kann das A-Team als Hommage an den Gedanken der Zusammenarbeit, der sich ergänzenden Talente sehen. Aber bei Licht betrachtet, ist die Botschaft eigentlich ein wenig deprimierend: Niemand ist als Individuum vollständig, es gibt keine Autonomie.
Und so bedient die Serie vor allem den Wunsch, irgendwo dazuzugehören, im Kollektiv zu funktionieren. Auch hier werden permanent Gimmicks und Gadgets gebastelt, aber zum Schluss zählt dann doch der menschliche Faktor. Das mag für alle tröstlich sein, die befürchten, dass uns eines Tages die Maschinen überflüssig machen. Noch viel tröstlicher aber ist es, dass man so viele Fernsehserien machen kann, in denen Plausibilität nicht die geringste Rolle spielt.