Marionetten und Engelchen, Landschaften und Porzellanfiguren – die Werke von Rosina Wachtmeister sind rund um den Globus bekannt. Die inzwischen 73-jährige Künstlerin malte und schuf vieles im Laufe ihres Lebens, doch bis heute wird sie vor allem mit ihren Katzenbildern identifiziert. Geboren in Wien, aufgewachsen in Brasilien, lebt sie heute in Capena, einer kleinen Gemeinde nördlich von Rom. Dort pflegt die Katzenkünstlerin ihren Garten, umsorgt eine große Schar Tiere und sinniert über ihr Leben, das so bunt scheint wie ihre Bilder.
1939 in Wien geboren, wächst Rosina zunächst am Attersee in Oberösterreich auf. „Da hab' ich mir ein Floß gebaut und bin den ganzen Tag herumgefahren“, erinnert sie sich an ihre Kindheit. Mit 14 sei es dann leider aus gewesen mit dem Floßfahren: Ihre Familie zieht nach Brasilien. Die Mutter habe in Südamerika Häuser bauen wollen – „meine jüngere Schwester, mein Vater und ich mussten mit“. Porto Alegre – „Fröhlicher Hafen“ – heißt ihr neuer Wohnort. Dem farbenfrohen, politisch aufgeladenen Südamerika kann die halbwüchsige Rosina nichts abgewinnen.
Für die ersehnte Rückkehr nach Wien und ein Studium bei Friedensreich Hundertwasser fehlt das Geld. Also besucht Wachtmeister von 1955 bis 1961 eine brasilianische Kunstschule in Porto Alegre. Beim Studium der Bildhauerei erlernt sie den Bau von Marionetten und beginnt, ihren Lebensunterhalt als Puppenspielerin zu bestreiten. Erst die Liebe bringt Italien ins Spiel. „Zuerst hab' ich mich in seine Bilder verliebt, dann in ihn“, erinnert sich Wachtmeister an die Begegnung mit ihrem ersten Mann, dem Italiener Paolo Rissone, Mitglied eines Künstlerkreises in Brasilien. 17 Jahre lang bleibt sie mit ihm zusammen. 1960 kommt eine Tochter zur Welt: Gabriella, genannt „Gabila“. Rosina lernt malen und kann endlich, „als das Geld reichte“, Brasilien verlassen. Mit ihrer Tochter geht sie 1967 nach Rom. Dort gibt es die Piazza Navona und – „die erste Katze“.
„Plötzlich wollten alle nur noch Katzen haben, ich weiß auch nicht, warum“, erzählt die Künstlerin mit den kurzen, weißblonden Haaren halb lachend, halb kopfschüttelnd. Nachdem ein Freund das bunte Tier auf Poster gedruckt hat, werden die fantasievollen Samtpfoten erst national und dann auch international zum Kultmotiv. Bunt stilisiert gibt es sie inzwischen überall: vom Geschenkpapier bis zur Bettwäsche, auf Kaffeetassen, Fußmatten und Morgenmänteln. Musiker, Engelchen, Blumen, Illustrationen für eine Bibel – vieles hat Wachtmeister gemalt. Doch die meisten Fans gewann sie mit ihren Katzen. 1974 entscheidet sie sich, in die Altstadt von Capena zu ziehen, damals Domizil von Künstlern aller Nationen. Sie kauft eine ehemalige Kirche und zwei Häuser. Eines davon sei nahezu eine Ruine gewesen. Im einzigen überdachten Raum habe ein junger Maurer mit Katze und Hund gelebt. „Zuerst wollte ich nur die Tiere aufnehmen, dann hab ich ihn auch behalten.“
Wachtmeisters Tochter beschreibt ihre Mutter als willensstarke Frau, als „eine Königin und einen Boss“. Wachtmeisters Königreich beginnt in Capena hinter einem eisernen Tor: Ein verwinkelter Garten liegt da wie eine Mischung aus Märchenwald und Tierpark. Jeden Morgen schreitet die Künstlerin die mit Pflanzen gesäumten Wege ab, vorbei an Mosaiken und Skulpturen. Flügelschlagend erwarten Pelikane die Künstlerin, die ihnen Fisch in die Schnäbel schiebt. Es tummeln sich auch Störche, Pfauen, Hühner, Gänse, Tauben, Hunde und 20 Katzen dort. Ihre Leidenschaft hätte Wachtmeister allerdings einmal fast um ihr Paradies gebracht.
„Einige Freunde hatten Vogelfutter ausgestreut, raus kamen aber Hanfpflanzen – allerdings ohne Drogengehalt. Bis die Gewächse untersucht waren, mussten wir Künstler viereinhalb Monate ins Gefängnis. Ich auch, obwohl ich die Pflanzen nur gegossen habe.“ Nur eine zweite Ehe – mit dem jungen Maurer Beppo – bewahrte Wachtmeister davor, nach Ärger mit der Justiz in ihr Herkunftsland abgeschoben zu werden.
Pflanzen gehören heute noch zu Wachtmeisters Leidenschaften. Viele der Kollegen sind gestorben. Beppo ist lange weg. „Er war vom Mann zu meinem Sohn geworden – da hab' ich ihn in die Welt entlassen.“ Einsam fühlt sich Rosina Wachtmeister nicht. Sie hat viele Freunde. Gabila wohnt nebenan. Und auch wenn sie sich heute mehr der „abstrakten Kunst“ als den Katzen widmet, kommen oft Fans zu Besuch und wollen die Künstlerin kennenlernen, deren Katzen auf der ganzen Welt Fußmatten und Bettbezüge schmücken.