„Bitte nur reinschauen, nicht durchgehen“ steht im Kulturspeicher auf dem Schild neben der Installation „Rebuild“ von Helga Weihs. Wer ungehorsam ist und das übermannshohe Labyrinth aus Holz und Stahl trotzdem betritt, merkt: Man kann gar nicht durchgehen. Alle Eingänge enden in Sackgassen. Die Kölner Künstlerin bietet keinen Ausweg und kein Ziel.
„Labyrinth Konkret . . . mit Nebenwegen“ heißt die Ausstellung, die die an diesem Mittwoch, 18.30 Uhr, in dem Museum am Würzburger Alten Hafen eröffnet wird. Zu sehen sind an die 50 Arbeiten – Bilder und Installationen – von 34 Künstlern. Acht Werke stammen aus der hauseigenen Sammlung Ruppert, die mit Konkreter Kunst bestückt ist.
Der Klassiker von Daidalos
Am meisten Spaß machen in der Ausstellung die begehbaren Labyrinthe. Sie reizen Spieltrieb und – auch im Erwachsenen – kindliche Entdeckerfreude. Und sie bringen zum Nachdenken. Denn ein Labyrinth, sagt Museumsleiterin Marlene Lauter, stehe auch für das „Alltagslabyrinth“ oder „das Labyrinth der Lebenswege“. Das von Helga Weihs führt nirgendwohin. Schon nach ein paar Schritten geht's wieder zurück. So etwas hat wohl jeder in seinem Alltag schon mal erlebt.
Ein klassisches Labyrinth ist anders angelegt: „Es gibt nur einen Weg, der ins Zentrum führt“, erklärt Marlene Lauter. Es gibt also ein Zentrum. Wer das entdeckt hat, muss freilich wieder zurück. Der Weg hinaus muss dann auch erst wieder gefunden werden. Den Klassiker entwarf der Sage nach Daidalos auf Kreta – im Zentrum saß der Minotauros – bevor er samt Sohn Ikarus mit selbst gebauten Flügeln davonflog (was Ikarus bekanntlich nicht überlebte).
Christoph Dahlhausen hat einen verspiegelten Irrgarten aufgebaut, der erst gar kein Zentrum hat. Der Besucher läuft durch (hier kann und darf er das) und sieht sich vielfach gespiegelt, mal klar, mal verzerrt, mal mit Unschärfe: Dahlhausen setzt Spiegel unterschiedlicher Qualität ein. „Man verliert sich im Selbstbild und im Ich“, kommentiert der in Bonn und Melbourne lebende Künstler seine Installation. Er will „Lost in Mirroring“ auch als Reverenz vor der Würzburger Residenz und deren berühmtem Spiegelkabinett verstanden wissen.
Vera Röhm (Darmstadt/Paris) spielt in ihrem begehbaren „Schattenlabyrinth“ mit den dunklen Schatten, die – je nach Standpunkt des Betrachters – immer wieder anders auf die weißen Stellelemente fallen.
Man finde hier auch „Material, das man nicht in einer Kunstausstellung vermutet“, so Lauter: gesiebten Kompost zum Beispiel. Beate Gabriel (Heidenheim) hat daraus ein zwei mal fünf Meter großes Labyrinth auf den Boden gelegt – und Natur zu Kunst gemacht. Dieses fragile Labyrinth sollten nicht einmal notorisch ungehorsame Besucher betreten . . .
Auf dem Platz vor dem Museum ist Rollrasen ausgelegt. Wer sich dabei an einen QR-Code erinnert fühlt, liegt richtig: Waltraud Munz-Heiliger (Dietzenbach) hat die vier Ecken des Kulturspeicher-QR-Codes nachgebildet. Ein Smartphone-lesbarer Code sieht wie ein Labyrinth aus – und so ein Handy ist ja irgendwie auch ein Symbol für unser modernes, labyrinthisches Leben.
Die Rasenbahnen verknüpfen die Ausstellung mit der Landesgartenschau (LGS). Wer im Kulturspeicher Eintritt bezahlt, kriegt bei der LGS Ermäßigung – und umgekehrt.
Öffnungszeiten: Dienstag 13–18, Mittwoch, Freitag bis Sonntag 11–18, Donnerstag 11–19 Uhr., Pfingstmontag geöffnet. Bis 15. Juli.