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BERLIN: Sascha Lobo und sein Strohfeuer

BERLIN

Sascha Lobo und sein Strohfeuer

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    Sascha Lobos „Strohfeuer“: In dem Buch werden spektakuläre Tage und Taten in unspektakulären Sätzen zusammengerafft.
    Sascha Lobos „Strohfeuer“: In dem Buch werden spektakuläre Tage und Taten in unspektakulären Sätzen zusammengerafft. Foto: Foto: dpa

    „Groß denken, groß spielen, groß gewinnen.“ So geht Stefans Gewinner-Dreisatz. Stefan hat mit ein paar Bekannten eine Werbeagentur gegründet, es ist die Zeit, als das Internet eine goldene Zukunft verspricht. Start-up-Unternehmen und Internet-Firmen schießen aus dem Boden. Schneller Erfolg winkt, schneller Reichtum lockt.

    Die digitale Revolution entfesselt ihre Kinder: Der 25 Jahre junge Stefan will die neue große Sache nicht verpassen, seine Agentur bietet Dienstleistungen aller Art rund ums Netz der Netze. Es geht um Weltmarktführerschaft. Es geht um Vortäuschen von Arbeit. Es geht um unseriöses, aber legales Geschäftemachen. Es geht um die Frage: Wird der Firmenwagen ein Audi A8 oder eine Mercedes-S-Klasse?

    Stefan ist ja eher für die S-Klasse. Er hat, was das Leben schön macht: Geld, Handy, iMac, Freundin und One-Night-Stands, viele Partys und eine Stammbar, von ihm auch „Yuppiehölle“ genannt. Keine zwei Jahre hält seine Agentur durch, dann beantragt sie Insolvenz. Die traumhaft große Internet-Blase ist geplatzt, die New Economy gescheitert. Job los, Geld los, Freundin auch, und der Verlierer-Dreisatz geht nun „Betrogen, pleite, verlassen.“

    Anderthalb Zeilen im Lebenslauf

    Es bleibt die schale Erkenntnis: „Die vielen Internetjahre Erfahrung in dieser Welt zwischen hastig gekauften Ikea-Schreibtischen und ebenso hastigen Börsengängen verwandelten sich in anderthalb Zeilen im Lebenslauf: ,Management mit Personalverantwortung (IT-Branche)‘.“ Doch das nächste große Ding wartet schon . . . So oder so ähnlich war das mit der New Economy damals um die Jahrtausendwende. Der Autor, Blogger, Werber und Selbstinszenierer Sascha Lobo erzählt davon in seinem Romandebüt „Strohfeuer“ (sein nächstes Werk nach dem 2008 mit Bachmann-Preisträgerin Kathrin Passig veröffentlichten Buch „Dinge geregelt kriegen“).

    Stefans Geschichte, das ist quasi seine Geschichte, denn Lobo machte 2000 eine Agentur auf und sie nicht mal zwei Jahre später wieder dicht. Mit Schulden und schlechtem Gewissen. Die entlassenen Mitarbeiter dürfen sich immerhin, wenn wir das richtig überblicken, über eine danksagende Erwähnung am Ende des Buches freuen. Danach war Lobo bei einer Berliner Werbeagentur als Kreativdirektor im Bereich Internet angestellt und entwickelte freiberuflich Werbekampagnen.

    Ein Leben im Ausnahmezustand

    Seine Ex-Mitarbeiter sind wieder gefragt, jetzt als Personal eines literarisch verdichteten Abenteuerberichts, der die spektakulären Tage und Taten in unspektakulären Sätzen zusammenrafft – als ein Leben im Ausnahmezustand. Das liest sich dennoch allenfalls bedingt spannend und unterhaltsam, was auch daran liegen mag, dass die Hauptfiguren durchweg klischeehafte Großmäuler, Nichtsnutze und Unsympathen sind. New Economy eben?

    Mit dem mehr Action als Drama bietenden Roman ist der 35-jährige Lobo weiter der „digitalen Boheme“, von ihm gemeinsam mit Holm Friebe 2006 im Buch „Wir nennen es Arbeit“ definiert, auf den Fersen; er verfolgt sie, die selbstständigen Internetarbeiter, jetzt bis an ihre Ursprünge. Der schillerndste Repräsentant dieser Spezies bleibt selbstverständlich Lobo, der „Posterboy der Generation Upload“, wie der „Stern“ ihn einmal nannte, mit Schnurrbart und rotem Irokesenkamm. „Strohfeuer“ ist da auch als die konsequente Weitervermarktung eines ergiebigen Gesamtkunstwerkes zu sehen.

    Sascha Lobo: „Strohfeuer“, Rowohlt, 256 Seiten, 18,95 Euro.

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