Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten

Sebastian Bezzel: „Tatort“-Kommissar wird Dorfpolizist

Kultur

Sebastian Bezzel: „Tatort“-Kommissar wird Dorfpolizist

    • |
    • |
    Dorfsheriff: Sebastian Bezzel als Franz Eberhofer.
    Dorfsheriff: Sebastian Bezzel als Franz Eberhofer. Foto: Foto: dpa

    Die Zuschauer kennen ihn vor allem als schnöseligen „Tatort“-Kommissar Kai Perlmann: Seit neun Jahren spielt Sebastian Bezzel den Assistenten der Konstanzer Ermittlerin Klara Blum (Eva Mattes). Jetzt wird der 42-Jährige selber Chefermittler – in den ARD-Verfilmungen der Regionalkrimis von Bestsellerautorin Rita Falk spielt Bezzel den bayerischen Dorfpolizisten Franz Eberhofer, der mit seinem kiffenden Vater und der schwerhörigen Oma in einer schrägen Familien-WG auf dem platten Land lebt und verzwickte Mordfälle lösen muss. Zum Auftakt der Filmreihe geht es in der makaberen und bissigen Krimikomödie „Dampfnudelblues“ (Donnerstag, 5. Dezember, 20.15 Uhr, ARD) um den rätselhaften Tod des örtlichen Schulrektors. Das Drehbuch schrieb der aus Würzburg stammende, auch als Regisseur („Lammbock“, „Dreiviertelmond“, „Tatort: Nie wieder frei sein“) erfolgreiche Christian Zübert.

    Frage: In der neuen Krimireihe spielen Sie den Dorfpolizisten Eberhofer. Müssen Sie den Job als Ermittler im Konstanzer „Tatort“ dafür aufgeben?

    Sebastian Bezzel: Nein, die beiden Ermittler sind so unterschiedliche Typen, dass sie sich nicht behindern. Das finde nicht nur ich, das findet auch die ARD. Gott sei Dank, denn ich mache den „Tatort“ sehr gerne, was stark an Eva Mattes als Kommissarin liegt, die eine liebe Freundin und tolle Kollegin ist. Mit den letzten Drehbüchern war ich persönlich nicht so glücklich, aber das schaut in Zukunft wieder anders aus.

    Was hat Sie an den Geschichten gestört?

    Bezzel: Ich finde, eine der Stärken des Bodensee-„Tatorts“ ist das Zusammenspiel von Eva und mir, aber das ist etwas auf der Strecke geblieben. Weil die Handlungsstränge so auseinandergingen, habe ich Eva kaum noch am Set gesehen, und ich freue mich, wenn wir wieder mehr gemeinsame Szenen haben.

    Rita Falk sagte, dass sie Sie schon beim Schreiben der Eberhofer-Krimis als Idealbesetzung im Sinn hatte. Dabei ist dieser Dorfsheriff doch ein ganz anderer Typ als der etwas schnöselige Konstanzer Kommissar Perlmann.

    Bezzel: Den Perlmann mag die Rita Falk gar nicht so sehr, glaube ich. Aber ich habe ja viele bayerische Sachen gedreht, Kinofilme oder die Serie „Franzi“, also Sachen, die ins Satirische, Schwärzere gehen. Das schaut Rita alles gerne, und deshalb hat sie mich wohl in der Figur des Dorfpolizisten Franz Eberhofer gesehen. Sie hat uns auch ab und zu am Set besucht, aber sie hat mir nie reingeredet und gar nicht den Druck aufgebaut von wegen: „Du bist meine Traumbesetzung, jetzt versau das nicht.“

    Kannten Sie die Bestseller um den bayerischen Provinzermittler schon vorher?

    Bezzel: Ich hatte vorher keinen der Krimis gelesen, und erst als ich mich auf die Rolle vorbereitet habe, wurde mir klar, dass die Bücher ja totaler Kult sind. Dann habe ich aber erst recht keinen der Romane gelesen, damit ich meinen eigenen Eberhofer entwickeln kann. Am letzten Drehtag von „Dampfnudelblues“ wurde ich von einem Fahrer des SWR abgeholt und zum Dreh des nächsten „Tatorts“ gefahren, da hab ich mir im Auto eine Flasche Bier aufgemacht und angefangen, den ersten Eberhofer-Krimi zu lesen. Inzwischen habe ich alle gelesen und finde sie toll.

    Es geht in dem Film ja ganz schön deftig zur Sache. Rechnen Sie mit einem Proteststurm pikierter ARD-Zuschauer?

    Bezzel: Das wäre doch keine schlechte PR, oder? Der Film hat definitiv viel schwarzen Humor und es sind ein paar harte Sachen dabei. Er ist auch nicht nur lustig, sondern hat einige traurige Geschichten um ein paar vereinsamte Figuren wie das Mordopfer mit seinen heimlich ausgelebten sexuellen Perversionen – und das wird mit einer gewissen Schonungslosigkeit erzählt.

    Kann man im bayerischen Dialekt derbe Sachen leichter aussprechen als auf Hochdeutsch?

    Bezzel: Nicht nur im Bayerischen. Jeder Dialekt, auch der schwäbische oder der sächsische, macht es leichter, die Wahrheit auszusprechen.

    Sie stammen aus Garmisch-Partenkirchen. Sprechen Sie selbst viel Dialekt?

    Bezzel: Das kommt immer auf mein jeweiliges Umfeld an. Ich lebe in Hamburg, da rede ich natürlich nicht so viel Bayerisch wie in der alten Heimat. Aber meine Frau mahnt an, ich soll wieder mehr Bayerisch reden, damit unsere Kinder das mitkriegen und ein Gehör dafür entwickeln, und sie hat ja auch recht.

    Wie bewerten Sie die Flut der Regionalkrimis im Fernsehen, die ja öfter mal Kritikerschelte beziehen?

    Bezzel: Ich finde es immer falsch, wenn man einen Regionalkrimi machen will und sich dann mal eben an ein paar Genreklischees abarbeitet. Hier der Misthaufen, da der lustige Biertrinker, fertig. Man braucht, wie bei jedem Film, ein gutes Drehbuch mit einer stimmigen Geschichte und guten Figuren, eine gute Regie – nur dann wird es auch ein guter Film.

    Würden Sie sagen, dass das Landleben in „Dampfnudelblues“ realistisch rüberkommt?

    Bezzel: Unbedingt. Wir haben in unserem Film ja auch diese ganzen Oberbayern-Klischees nicht, also den Gamsbart, die Berge, das resch gefüllte Dirndl, das gibt es in unserem Film alles nicht – der spielt ja aber auch in Niederbayern. Wobei ich sagen muss, dass natürlich nicht jedes Klischee vom Landleben unwahr ist, etwa das mit der Kneipe als einzigem Treffpunkt weit und breit. Aus meiner Zeit in Garmisch kenne ich schräge Typen, die würden bei „Dampfnudelblues“ gut in die Dorfwirtschaft passen . . .

    Als Franz Eberhofer verputzen Sie im Büro täglich drei Leberkäswecken. Das ist aber nicht realistisch, oder?

    Bezzel (lacht herzlich): Ganz klar, das ist literarische Überhöhung. In meiner Schulzeit und beim Zivildienst hab ich ab und zu drei Stück geschafft. Heute sind zwei das Maximum, wenn ich ganz großen Hunger habe.

    Das Thema Essen spielt in den Krimis eine sehr große Rolle, es gibt inzwischen bereits zwei Kochbücher zur Reihe, und auch im Film wird dauernd Deftiges gefuttert, vom Schweinsbraten bis zum Schmalzgebäck. Waren die Dreharbeiten tatsächlich eine Völlerei?

    Bezzel: Ich wurde vor der Kamera wirklich sehr oft gefüttert und konnte schon auch mal aufs Catering in der Mittagspause verzichten. In einer besonders anstrengenden Szene mit einem Baby, das nicht gemacht hat, was wir wollten, habe ich dann auch mal gestreikt. Da sollte ich ein Fleischpflanzerl essen, und da hab ich gesagt: Nein, lasst mich in Ruhe, ich kann nicht mehr.

    Sebastian Bezzel

    Bezzel kam 1971 in Garmisch-Partenkirchen zur Welt und absolvierte seine Schauspielausbildung an der Bayerischen Theaterakademie in München. Als „Tatort“-Kommissar wurde er bekannt, Bezzel war aber auch schon in vielen anderen Serien wie „Danni Lowinski“ und in Kinofilmen wie „Nanga Parbat“ zu sehen. Er ist mit der Schauspielerin Johanna Christine Gehlen verheiratet, das Paar hat einen Sohn und lebt in Hamburg.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden