Von Zeit zu Zeit tut es gut, sich nicht gleich eine Meinung zu bilden. Nicht gleich schlechte Laune zu bekommen und enttäuscht von dannen zu ziehen. Am Sonntagabend, beim Konzert von The Hooters im Schlosshof von Bad Mergentheim, war so ein „Von Zeit zu Zeit“. Denn will man angemessen würdigen, was da vor 800 Zuhörern auf der Bühne so passierte, muss der Artikel aus zwei Teilen bestehen
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Der erste geht so: Der Abend ist freundlich, das Vorspiel von „Paddy goes to Holyhead“ munter und irisch frisch, der Umbau dauert ein bisschen zu lange. Dann, kurz vor neun, kommen die Hooters auf die Bühne. Und starten den letzten Auftritt bei ihrer Deutschlandtournee mit einem Song ihrer neuen Platte, den sie extra für ihre deutschen Fans auf Deutsch geschrieben haben. „Eine gute Flasche Wein, du bist nicht bei mir, aber ich bin nicht allein, hier mit 'nem großen Bier, Pissing in the Rhine . . .“ Welche Lyrik. Auf geht's, ruft Sänger Eric Bazilian in die Menge, und dann schrammelt er mit seiner Band mit großer Geste los. Rob Hyman an der Hammondorgel reckt affektiert die Zeigefinger in die Höh', den Innenhof des Deutschordensschlosses erfüllt ein lauter, klebrig-zäher Klangbrei.
Seit 30 Jahren stehen die Hooters auf der Bühne. Die Rocker aus Philadelphia haben Supersongs wie „Johnny B.“, „Zig Zag“, „Satellite“ und „All You Zombies“ und damit ein Stück Musikgeschichte geschrieben. 30 Jahre Hooters (die Zeit zwischen Auflösung 1995 und Revival 2001 nicht abgezogen) – das sind ein gutes Dutzend Evergreens. Aber wie sie da lospoltern, mit aufgesetzten Gesten, Posen schwingend, wirken sie wie die hinterletzte abgehalfterte Coverband. Was für eine bescheidene erste halbe Stunde.
Dann – es ist dämmrig geworden, die feine Licht-Show wirkt allmählich – passiert etwas auf der Bühne. Rob Hyman singt die „500 Miles“, Eric Bazillian holt die Flöte, John Lilley zeigt an der Mandoline sein Können. Die Hooters krempeln die Hemdsärmel hoch, auf einmal hat ein anderes Konzert begonnen.
Und so geht Teil zwei: In formidablen 90 Minuten rocken die Altstars den Schlosshof. Ohne aufwendige Show, aber mit Stimmgewalt, urigen Riffs, Melodica-Solos und großer Performance. Eine Live-Band erster Güte. Mit Musikern, denen man die Generation 50 plus nicht anhört. Die so viel Spaß auf der Bühne haben und ihre Mainstream-Hymnen so lässig, leidenschaftlich singen, dass Patina keine Chance hat. Vom begeisterten Publikum verabschieden sich die sechs mit zwei Songs, die sie für Joan Osborne und Cyndi Lauper geschrieben haben: „One of us“ und „Time after Time“.
Von Zeit zu Zeit lohnt es, abzuwarten. Die Bilanz: toller Abend!