Vor 150 Jahren, am 3. Oktober 1858, wurde Eleonora Duse in Vigevano bei Mailand geboren. Bereits mit vier Jahren stand die Duse auf der Bühne, als Cosette in einer Theaterfassung von Victor Hugos „Die Elenden“. Im Gegensatz zu der nicht minder gefeierten Französin Sarah Bernhardt verzichtete sie auf das übliche starke Bühnen-Make-up. Statt großer Gesten setzte sie auf die Natürlichkeit des Ausdrucks. Die Duse war überzeugt, dass Schauspielkunst nicht erlernbar sei, sondern auf Naturtalent beruhe. „Jene armen Frauen meiner Komödien sind mir ins Herz und in den Kopf eingedrungen“, schrieb sie.
Mit 14 Jahren spielte sie in Verona Shakespeares Julia, mit 23 wurde sie die Spitzendarstellerin einer Turiner Theatergruppe, mit 29 war die vielseitige Schauspielerin mit der Schwäche für prächtige Theatergewänder auch bei privaten Anlässen Chefkomikerin. Ihr Repertoire reichte von Klassikern bis zu zeitgenössischen Autoren. Rasch eroberte sie ein internationales Publikum.
Skandalöse Beziehung
„Frau Duse ist die größte Schauspielerin, die ich jemals gesehen habe, wobei ich die Bernhardt nicht ausnehme“, schrieb Albert Palmer, Direktor des Union Square Theaters in New York, Ende der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts über sie: „Die Duse vermittelt die vollkommene Illusion, und sie verkörpert die Gestalten in atemberaubendem Realismus.“ Der Maler John Singer Sargent (1856 bis 1925) verewigte die zierliche Schauspielerin mit den großen dunklen Augen in einem an Edvard Munchs Frauenbildnisse erinnernden Gemälde.
Nach einer früh geschiedenen Ehe mit ihrem Kollegen Tebaldo Checchi lernte Duse 1884 Arrigo Boito kennen. Der künstlerische Austausch mit dem Textschreiber von Giuseppe Verdi dauerte auch nach dem Ende der vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Beziehung an. Zehn Jahre später bildete die Schauspielerin mit dem fünf Jahre jüngeren Schriftsteller Gabriele D'Annunzio eines der skandalumwobensten Paare ihrer Zeit. Neben modernen Dramen etwa von Henrik Ibsen nahm die Duse Stücke des jungen Italieners in ihr Programm auf. Dabei finanzierte sie die Produktionen als Theaterunternehmerin selbst. Thomas Mann spielte später in seiner Novelle „Mario und der Zauberer“ (1930) auf das berühmte Künstlerpaar an.
Duse trennte sich nach knapp zehn Jahren von D'Annunzio, bemühte sich jedoch weiterhin darum, seine Bühnenproduktionen international bekannt zu machen. Im Alter von 51 Jahren zog die gesundheitlich angegriffene Schauspielerin sich vom Theater zurück. Einmal versuchte sie sich noch im Kino, 1916 mit dem Stummfilm „Cenere“ nach dem gleichnamigen Roman von Grazia Deledda. Doch der Erfolg blieb aus. Anfang der 20er-Jahre kehrte Eleonora Duse aus Geldmangel zum Theater zurück. Mit Dramen von Ibsen und D'Annunzio gelang ihr eine triumphale Rückkehr auf internationale Bühnen. Während einer USA-Tournee starb sie am 21. April 1924 in einem Hotel in Pittsburgh an Lungenentzündung. „Frauen sind im Unglück weiser als Männer“, hatte sie einst geschrieben. „Weil sie Übung darin haben.“
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