Berlin Ein Millionenpublikum kennt sie als labile "Tatort"-Kommissarin Charlotte Sänger, nun macht Andrea Sawatzki (43) einen Abstecher ins Komödienfach: Die rothaarige Darstellerin spielt eine Psychotherapeutin, die mit den Psycho-Doktoren Fred (Friedrich von Thun) und Ted (gespielt von Sawatzki-Ehemann Christian Berkel) eine Gemeinschaftspraxis gründet. Die ARD zeigt den mit leichter Hand inszenierten Zweiteiler "Helen, Fred und Ted" am 13. und 20. September jeweils um 2015 Uhr.
Frage: Frau Sawatzki, in "Helen, Fred und Ted" spielen Sie eine engagierte Psychotherapeutin. Waren Sie denn selber schon mal beim Therapeuten?
Andrea Sawatzki: Vor dem Film dachte ich, dass das Zeitverschwendung ist und dass man seine Probleme selber lösen muss, statt sich von einem wildfremden Menschen beraten zu lassen. Im Zuge der Dreharbeiten hatte ich aber die Gelegenheit, eine Therapiestunde zu machen, und die hat sich dann auf vier Stunden ausgeweitet - dabei dachte ich vorher, ich hätte keine Probleme.
Ist es nicht sehr aufwühlend, wenn einem jemand so tief in die Seele blickt und vergrabene Erinnerungen weckt?
Sawatzki: Es war äußerst spannend und hat viel Positives bei mir bewirkt - gerade was das Thema Kindererziehung betrifft, war das für mich sehr interessant. Manchmal tut ein Denkanstoß von außen eben gut. Es hat mich allerdings auch stark mitgenommen.
Sie standen für den Film mit Ihrem Mann Christian Berkel vor der Kamera. Haben Sie mit ihm nach Feierabend über Ihre neugewonnenen Psycho-Einsichten diskutiert?
Sawatzki: Normalerweise sprechen wir nicht groß über die Arbeit, wenn wir zusammen drehen, wir können gut zwischen Beruflichem und Privatem trennen. Aber dieser Film hat uns beide sehr berührt. Wir haben viel über unsere eigene Kindheit gesprochen, und natürlich auch sehr intensiv über unsere Kinder und die Gefahren, die in der Erziehung lauern. Das war sehr schön.
Der Film ist von eher ungewöhnlicher Machart und verweigert sich einfachen Erzählmustern, wie sie im deutschen Fernsehen gängig sind. Waren die Dreharbeiten schwieriger als üblich?
Sawatzki: Unsere Regisseurin Sherry Hormann bat uns bei der ersten Leseprobe, uns nicht zu verstellen, nicht zu spielen, wir sollten ganz wir selber sein. Ich hatte am Anfang aber ein Problem damit, so plötzlich pur ich selbst zu sein, denn man neigt als Schauspieler dazu, sich hinter seinen Rollen zu verstecken.
Dann steckt in der zugleich chaotischen wie auch disziplinierten Figur der Helen also viel von Ihnen selber?
Sawatzki: Ja, die Helen hat wirklich viel von mir. Für mich ist die Schauspielerei eine Art Therapie, und alle Figuren, die ich mir so aussuche, sind für mich fürs Weiterleben notwendig - auch wenn das jetzt ein wenig pathetisch klingt.
Für den Film mussten Sie sich aber nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch buchstäblich ausziehen - Sie sind in einer relativ freizügigen Bettszene zu sehen . . .
Sawatzki: Ich breche mir da keinen Zacken aus der Krone, wenn man mich so sieht. Ich mag das nicht, wenn die Frauen in Liebesszenen noch was anhaben oder sich krampfhaft zudecken - so ist das im richtigen Leben doch nicht. Man muss die Sache so realistisch wie möglich spielen, sonst ist es verklemmt und blöd.
Und wie geht es mit "Helen, Fred und Ted" weiter? Das Ganze schreit ja geradezu nach einer Fortsetzung . . .
Sawatzki: Wir würden alle wahnsinnig gerne weitermachen, wir scharren sozusagen mit den Hufen. Es würde sich anbieten, einzelne Patienten über mehrere Folgen zu begleiten. Das ist ja der Sinn einer Therapie, dass sich der Zustand des Patienten auf die Dauer verbessert, und das könnte man dann wunderbar zeigen. Die Verantwortlichen warten jetzt natürlich erst mal auf die Einschaltquoten.
Wie stehen Ihrer Ansicht nach die Chancen, dass der Zweiteiler erfolgreich ist und fortgesetzt wird?
Sawatzki: Da steckt man nicht drin. Ich glaube schon, dass dieses Thema viele Menschen interessiert. Ich würde mir wünschen, dass sich Familien oder Freunde die Filme gemeinsam ansehen und danach über ihre Eindrücke sprechen. Therapie ist ja für viele Menschen in Deutschland noch ein Tabuthema. Vielleicht können die Filme auch ein bisschen dazu verführen, über sich und seine Ängste zu reden.