Es gibt Kabarettisten, die schwingen einen Abend lang die Keule. Es gibt Kabarettisten, die schießen Pfeile. Andere sticheln, manche säbeln, hin und wieder macht einer aus allem Kleinholz. Es gibt Kabarettisten, die treten eine Pointe bis zur Unerträglichkeit aus. Es gibt Kabarettisten, die hangeln sich das ganze Programm über einem einzigen Gag entlang. Manche dichten, manche poltern, andere schreien oder reden sich einen Knoten in die Zunge. Und viele, auch der bekannteren, hören sich selbst so gerne reden, dass sie gar nicht mehr aufhören mögen und einfach kein Ende finden.
Wilfried Schmickler, der mal wieder im ziemlich ausverkauften Würzburger Bockshorn zu Gast war, macht eine Mischung aus dem Besten: Er poltert stichelnd, stichelt polternd, er dichtet, er rattert Schnellsprech, er tänzelt und singt. „Schlimmer als das heutige Fernsehprogramm kann der Abend auch nicht werden“, entwarnt er zu Beginn mit Blick auf die Alternativen: Wäre man nicht im Kabarett, käme im Ersten irgendwas „mit Dauerwuchtbrumme Christine Neubauer nach der Diät“. Und im Privaten „Shopaholic, die Schnäppchenjägerin“. Aber die Klamotte, sagt Schmickler, soll ja jetzt neu verfilmt werden – „mit Bettina Wulff“. Apropos: Klar, dass der 57-jährige Bühnenmann aus Köln die aktuelle politische Lage nicht unkommentiert lassen kann. „Nach Christian, dem Gesponserten, haben wir nun Hans-Joachim, den Gesalbten.“ Leider, leider, seufzt Schmickler. Denn um „Betty“ tut es ihm leid. Hat die dem Amt nicht gut getan? „Was waren das früher für Trockenhauben, die an der Seite des jeweiligen Bundespräsidenten dahinwelkten.“ Und nun? „Ausgeglamourt“ hat es sich an der Spitze des Staates.
Nur gut, dass Schmicklers Programm „Weiter“ heißt. Und es geht ja auch immer weiter: mit den „Pamper-Boys“ der FDP, mit der Kanzlerin als „oberster Beauftragten für Beschwichtigung und Panikprävention“, mit der Gier und dem Neid, mit der Wachstumshörigkeit und der Dumpfheit der Gesellschaft, der Schmickler den Spiegel vorhält.
Wer öfter mal „Mitternachtsspitzen“ im WDR guckt, kennt Schmickler als lauten Wüterich, der grollt und poltert und den Zuschauern seine Kapitalismuskritik entgegenspuckt. Er kann so schnell scharfzüngig-zynisch reden, dass man mit dem Mithören, geschweige denn Mitdenken nicht mehr hinterherkommt. Er kann aber auch sanfter und leiser, gleichwohl immer noch wütend.
Um den Zuhörer mit Wortartistik, Zorntiraden und und intellektuellen Gehirnspaziergänge nicht nur zu überfördern, übt er sich hie und da in „Niveau-Limbo“ und mischt mal einen blöden Witz ins Programm. Und weil „immer mehr Menschen Golgatha für eine Zahncreme halten und Kreuzigung für das Ausfüllen von Lottoscheinen“, gibt's noch die Passionsgeschichte in aller Kürze. Apropos Kürze: Nach angenehmen zwei Stunden ist Schluss.