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Was Hamlet und Ballack gemeinsam haben

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Was Hamlet und Ballack gemeinsam haben

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    „Ich finde es hochgradig langweilig und gefährlich, sich als junger Mensch auf seinen Meriten oder auf der Vergangenheit auszuruhen“: Andreas Pietschmann, Schauspieler aus Würzburg.
    „Ich finde es hochgradig langweilig und gefährlich, sich als junger Mensch auf seinen Meriten oder auf der Vergangenheit auszuruhen“: Andreas Pietschmann, Schauspieler aus Würzburg. Foto: FOTO Wolfgang Kampz

    Er war der Massenmörder Roberto Zucco im gleichnamigen Kolts-Stück und Laertes in „Hamlet“, er spielte unter der Regie von Leander Haußmann am Theater in „Der eingebildete Kranke“ und im Kino-Erfolg „Sonnenallee“ – und lange Zeit spielte er Fußball bei den Würzburger Kickers in Landes- und Bayernliga: ein Gespräch mit dem gebürtigen Würzburger Andreas Pietschmann, 37, über Theater, die neue Sat.1-Serie „GSG 9“, in der er ab Donnerstag zu sehen ist, und archaische Bibeltexte.

    Frage: Sie haben relativ erfolgreich Fußball gespielt. Seit zwölf Jahren agieren Sie in Theatern und vor Film-Kameras. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Strafraum und Bühne?

    Andreas Pietschmann: Klar: Schauspielerei ist Teamwork. Hamlet alleine könnte nie jemanden richtig fesseln, Ballack alleine kann kein Spiel gewinnen. Ich war schon immer ein Teamplayer. Auch am Theater habe ich am liebsten die Stücke gespielt, bei denen wir uns hinter der Bühne vor Beginn nochmal im Kreis aufgestellt und uns motiviert haben.

    Es ist ein weiter Weg von Hamlet zu Konstantin von Brendorp, den Sie in der neuen Serie auf Sat.1, „GSG 9“, spielen.

    Pietschmann: Der Weg ist natürlich weit, schon alleine deswegen, weil es riesengroße Unterschiede gibt zwischen Theater und Film und Fernsehen.

    Welche?

    Pietschmann: Im Theater verbringst du mit dem Publikum, das dich beobachtet, genau die gleiche Lebenszeit. Die sitzen vor dir, während du spielst. Du spürst: Sind sie müde, müssen sie aufs Klo, langweilen sie sich, sind sie erkältet, husten sie, schlafen sie? Das ist beim Film natürlich nicht so. Wenn der irgendwann gesendet wird, habe ich meine ganze Arbeit bereits geleistet. Im Theater hast du einen ganz anderen Raum zu überwinden, musst ganz andere Mittel einsetzen, wesentlich ausladender, expressiver, und größer werden, was vor der Kamera völlig lächerlich wirken würde. Ich schätze es sehr, diese verschiedenen Disziplinen ausüben zu können. Es kam vor, dass ich mittags in Berlin Szenen für „GSG 9“ gedreht habe, und abends stand ich in Hamburg auf der Bühne.

    Woran hängt das Herz mehr?

    Pietschmann: Mein Herz hängt am Beruf. Ich bin extrem froh, dass ich einen Job gefunden habe, der meine Grundimpulse, die ich immer schon hatte, derart vereint. Ich wollte einfach immer spielen. Früher habe ich im Sandkasten gespielt, dann sehr lange Fußball, heute spiele ich auf der Bühne und im Film. Auch wenn ich im Moment den Schwerpunkt aufs Drehen gelegt habe – ich kann nicht ganz aufs Theater verzichten.

    Gibt es ein Schlüsselerlebnis, als Sie merkten: Die Schauspielerei ist es?

    Pietschmann: Als ich seinerzeit, 1988, auf dem Weg nach Volkach zur Bundeswehr war, frühmorgens, hatte ich einen schweren Autounfall, der Wagen hat sich viermal überschlagen. Ich habe nur wie durch ein Wunder überlebt. Da wurde mir klar: Jetzt krieg' ich ein zweites Leben geschenkt. An diesem Abend ging ich ins Theater Chambinzky. Die spielten „Die Feuerzangenbowle“, an dem Abend stieg einer der Darsteller aus. Ich habe zum Regisseur gesagt: Ich brauche einen Ausgleich zur Bundeswehr. Ich würde die Rolle gerne spielen.

    So einfach wird man Schauspieler?

    Pietschmann: Der Regisseur hat gefragt: Wer bist Du eigentlich, hast Du schon mal gespielt? Nein, ich bin Fußballer bei den Kickers, hab' gerade Abi gemacht und bin beim Bund. Er hat gesagt: Setz Dich, wir trinken zwei, drei Bier. Nach den zwei, drei Bier hat er gesagt: Okay, Du machst das.

    Das bringt einen aber noch nicht dazu, Schauspieler zu sein.

    Pietschmann: Da war mir ja auch noch nicht klar, dass ich das mal gerne beruflich machen würde. Aber ich habe immer wieder im Chambinzky gespielt, während meines Studiums, ich habe in Würzburg Anglistik und Romanistik studiert. Und ich habe in der English Drama Group der Uni gespielt. Die Leute haben immer wieder gesagt: Hey, Du musst mal versuchen, einen Beruf daraus zu machen, Du bist gut. Ich war 24, hatte meine Zwischenprüfung in der Tasche, da sagte ich mir: Probierst du es halt mal, damit du dich später nicht ärgerst, es nicht probiert zu haben. Ich bin zum Vorsprechen an die Bochumer Schauspielschule gefahren. Die haben mich sofort genommen. Da habe ich alles stehen und liegen gelassen.

    Nach fünf Jahren am renommierten Bochumer Schauspielhaus sind Sie freiwillig gegangen. Nach zwei Jahren am Thalia Theater in Hamburg, einer der ersten Adressen hierzulande, haben Sie sich freiwillig in die Selbstständigkeit verabschiedet. Sie scheinen mit Sicherheit nicht so viel am Hut zu haben.

    Pietschmann: Ich wollte einfach bestimmen, wohin mein Weg geht. Natürlich gab es zwischendurch immer wieder Zweifel und Frustration, und viele haben gesagt: Bist Du bekloppt, als ich den festen Vertrag am Thalia Theater auflöste. Aber ich musste mich mal wieder auf Null stellen, neu anfangen. Ich finde es hochgradig langweilig und gefährlich, sich als junger Mensch auf seinen Meriten oder auf der Vergangenheit auszuruhen.

    Ihre Stimme ist auch auf Hörbüchern zu hören. Unter anderem haben Sie die Bibel eingelesen . . .

    Pietschmann: Das Lesen ist ein unglaublich anspruchsvoller Umgang mit Texten, unheimlich anstrengend, äußerst reizvoll. Und in der Bibel stehen ja ganz archaische und spannende Texte. Ich habe einen Teil des Johannes-Evangelium gelesen. Es ist zwar kein Herzensthema, aber ich hatte damit auch keine Berühungsängste – ich komme ja aus einer sehr katholischen Gegend . . . Zur Person Andreas Pietschmann Geboren 1969 in Würzburg, studierte an der Bochumer Schauspielschule und war dann bis 2000 fest am Bochumer Schauspielhaus engagiert, bis er ans Thalia Theater in Hamburg wechselte. Dort spielte er auch unter Leander Haußmann, es folgten Auftritte in TV-Serien („Edel und Starck“, „Vier gegen Z“), TV-Filmen („Die Verlorenen“) und Kinofilmen („FC Venus“, „Sonnenallee“). Am Donnerstag, 8. März, startet um 20.15 Uhr auf Sat.1 die neue 13-teilige Serie „GSG 9“ (dann immer mittwochs, 21.15 Uhr), in der Pietschmann als Mitglied einer fünfköpfigen Anti-Terror-Einheit zu sehen ist.

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