Bad Kissingen Die KlavierOlympiade in Bad Kissingen ist neben dem Kissinger Winterzauber das zweite Geschwisterchen des mittlerweile schon erwachsenen Kissinger Sommers. Sie dient der Nachwuchsförderung.
Fünf junge Ausnahmepianisten - fast alle um die 20 Jahre alt - waren angereist. Als Preis winkte ein Auftritt beim nächsten Kissinger Sommer.
Dass auch das Interpretieren von Musik ein schöpferischer Akt ist, wurde bei dieser KlavierOlympiade ganz deutlich. Denn manchmal erkannte der interessierte Zuhörer das gleiche Stück in der Interpretation eines anderen Pianisten beinahe nicht wieder, so sehr wichen dynamische und agogische Gestaltung voneinander ab. Die Möglichkeit, verschiedene Könner "am Stück" zu hören, ist selten. Und man konnte wirklich vergleichen, weil Künstler aller der gleichen Generation angehören.
Mit einem Beethoven-Stück und auch mit einem "modernen Stück" war für alle ein lockerer Rahmen gesteckt. In aufeinander folgenden Einzelkonzerten stellten sich die jungen Pianisten dem Publikum vor. Am Sonntag dann gab es vor der Preisverleihung in einem Abschlusskonzert noch mal einen Kurzdurchlauf, an dem alle beteiligt waren.
Der 25-jährige Kanadier Stewart Goodyear gab mit seinem glasklaren Präzisionsanschlag eine furiose Kostprobe seines Könnens mit Maurice Ravels dämonischem "Gaspard de la nuit". Martin Helmchen, 21 Jahre alt, und der einzige Deutsche in der Runde, hatte schon zuvor mit seiner Virtuosität verblüfft. Nun frappierte er wieder. In Schnittkes "Improvisation und Fuge" ließ er blitzende, musikalische Splitter, allesamt gefährlich scharf, durch Kissingens Rossinisaal wirbeln, brillierte virtuos mit Liszts "Sonetto del Petrarca" und setzte all dem mit der Rachmaninoff-Bearbeitung eines Scherzos aus Mendelssohns "Sommernachtstraum" noch ein fingerakrobatisches I-Tüfelchen.
Helmchen und Nikolai Tokarev, ein temperamentvoller Tastenvirtuose, mussten sich schließlich den ersten Preis teilen. Erst zwanzigjährig, aber mit Vehemenz und rasender Geschwindigkeit, bei der dem Zuhörer schier die Luft wegblieb, donnerte der junge Moskauer in rasendem Stakkato durch Enescus "Rumänische Rhapsodie" und später genauso durch die Variationen über ein Paganini-Thema von Rosenblatt. Virtuosität, die schwindlig macht.
Anders dagegen die Rumänin Mihaela Ursuleasa, die sich mit ihren verinnerlichten Interpretationen den Publikumspreis erspielte. Schließlich bekam Kirill Gerstein, 24-jährig und auch aus Russland, den zweiten Preis. Ihm gelang es, den eher etwas trockenen Etüden von Skrjabin pulsierendes Leben und, soweit möglich, auch plastische Gestalt zu geben.
Mit fünf Preisträgern bei fünf Teilnehmern, die sich im nächsten Kissinger Sommer alle wieder in Bad Kissingen treffen werden, hatte die Jury bei dieser Olympiade ein salomonisches Urteil getroffen, mit dem alle zufrieden gestellt wurden.