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Zornesausbrüche und Sorgenfalten

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Zornesausbrüche und Sorgenfalten

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    WÜRZBURG Es gibt nur wenige biblische Figuren, die so präsent sind wie der Apostel Paulus. Ihm, dessen "Damaskus-Erlebnis" ebenso sprichwörtlich geworden ist, wie sein Wandel vom "Saulus zum Paulus", widmete Felix Mendelssohn Bartholdy 1836 sein erstes Oratorium. Chor, Orchester und Solistenquartett haben dabei alle Hände voll zu tun, um das klangvolle Werk zu dem zu machen, was es ist: zu einem echten Ohrenschmaus.

    Zwei Stunden sind dann auch in der sehr gut besuchten Würzburger St. Johannis Kirche wie im Fluge vergangen. Denn Christian Kabitz' Einstudierung war fesselnd vom ersten bis zum letzten Takt. Und das war zu einem großen Teil der Verdienst seiner von ihm geleiteten Vokalensembles: dem Bachchor Würzburg und dem Cäcilienchor Frankfurt. Im "Paulus" kommt der Vokalgemeinschaft zwar nicht so eine handlungstreibende Funktion zu wie im berühmteren Mendelssohn-Oratorium "Elias", dafür werden den Sängern aber raschere Stimmungsumschwünge abverlangt: Preischöre im Händelschen Gusto, meditative Choralreflektionen in Bachscher Manier wechseln sich mit aufgehitzten Volksszenen ab.

    Und in dieser stilistischen Vielfalt können die beiden Chöre ihre ganze Stärke und interpretatorische Nuancierungskunst demonstrieren. Zwar waren die Gruppenproportionen, das Verhältnis von Frauen- und Männerstimmen zueinander, nicht immer ideal austariert, die Artikulation jedoch vorbildlich angepasst. Noch das leiseste Piano war füllig und absolut wortverständlich, es gab kein störendes Nachklappern in den Einsätzen, die Sänger befanden sich stets auf Partiturhöhe, dynamische Akzente ereigneten sich punkt- und taktgenau.

    Christian Kabitz entwickelte ein sorgsames Zeitmaß, achtete ungemein auf Attacca-Anschlüsse, auf nahtloses Ineinanderfließen der einzelnen Nummern. Dabei konnte er sich voll und ganz auf die Thüringen Philharmonie verlassen, die Kabitz' Betonung samtweicher Romantizismen delikat und klangschön folgte. So entstand ein anrührendes, fast sentimentales Apostel-Porträt, das den Heidenmissionar aber keineswegs nur zur engelsmütigen Heiligenfigur verklärte, sondern auch Raum für Zornesausbrüche und Sorgenfalten ließ.

    Nicht zuletzt sicherten hervorragende Solisten den großen Erfolg dieser Aufführung. Hanno Müller-Brachmann war für den Titelhelden zuständig und überzeugte. Sein Bass gebar sich kraftvoll und deutlich, für alle thematischen Elemente traf er den richtigen Ton. Trotz nicht ganz stabiler Stimmführung in exponierter Lage gestaltete Wolfram Wittekind die Tenorpartie mit bemerkenswerter Sensibilität, vor allem die Cavatine "Sei getreu bis in den Tod".

    Die zahlreichen Sopran-Rezitative sang Regina Klepper mit klarer Diktion. Wie beweglich ihre Stimme tatsächlich ist, wurde in ihrer ersten Arie und im Arioso "Lasst uns singen von der Gnade" deutlich. Ihre leider nur wenig umfangreiche solistische Aufgabe erfüllte schließlich Anna Haase (Alt) mit wohltuend schlanker und geschmeidiger Stimme.

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