Liebe Frau Rauch, Ihr offener Brief an mich hat mich sehr gefreut. Es kommt nicht häufig vor, dass eine Journalistin so direkt und offen an eine Politikerin schreibt, weil sie einen Artikel in einer anderen Zeitung unfair findet – und erst recht nicht, dass sie diesen Brief auch noch öffentlich macht. Die Wahlkämpfe, die gerade begonnen haben und im Herbst in der Bundestagswahl münden, finden in einer aufgeheizten Atmosphäre statt. Die Gesellschaft ist sozial gespalten, viele haben Mühe, ihren gewohnten Lebensstandard zu halten, weil es immer mehr unsichere, schlecht bezahlte Jobs gibt, vieles teurer wird und der Sozialstaat abgebaut wurde. Die weltpolitische Lage trägt zusätzlich zu Verunsicherung bei. Ich bin überzeugt, dass diese Verhältnisse nicht alternativlos sind und setze mich für eine andere Politik ein. Es liegt in der Natur der Sache, dass meine Ideen nicht jedem gefallen. Und keine Frage - Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, müssen unsachliche und polemische Artikel aushalten ebenso wie Angriffe und Anfeindungen. Dennoch: Wie Sie, Frau Rauch, wünsche ich mir ein Wahljahr, in dem sachlich diskutiert wird, und zwar auch und gerade, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. Besonders in einer Situation, in der soziale Medien vielfach genutzt werden, Fake News, Hass und Beleidigungen zu verbreiten, ist es Aufgabe der seriösen Presse, sich davon durch hohe Qualitätsstandards und guten Journalismus abzusetzen. In diesem Sinne danke ich Ihnen vielmals für Ihren Beitrag! Ich wünsche Ihnen alles Gute. Mit freundlichen Grüßen Sahra Wagenknecht
WÜRZBURG