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Alois Glück: Es gibt auf dem Katholikentag keine Denkverbote

Leitartikel

Alois Glück: Es gibt auf dem Katholikentag keine Denkverbote

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    ZdK-Präsident Alois Glück
    ZdK-Präsident Alois Glück Foto: Foto: dpa

    Zehntausende Katholiken wollen ab kommendem Mittwoch über die Zukunft der Kirche diskutieren – ausgerechnet in Regensburg, einem der konservativsten Bistümer Deutschlands. Der Veranstalter sieht darin eher eine Chance als ein Problem. Der Katholikentag in Regensburg soll dazu beitragen, Veränderungen in der Kirche voranzutreiben. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, fordert unter anderem mehr Freiräume für Katholiken, die sich in der Schwangerenkonfliktberatung engagieren. „Ich hoffe, dass wir da in der nächsten Zeit weiterkommen“, sagte Glück. Auch eine Segnung von Geschiedenen, die wieder heiraten, hält der ZdK-Präsident für möglich.

    Frage: Die Zusammenarbeit mit dem konservativen Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer bei der Vorbereitung des Katholikentags soll nicht leicht gewesen sein. Haben Sie die Entscheidung für Regensburg bereut?

    Alois Glück: Nein, die Einladung nach Regensburg kam 2011 vom damaligen Ortsbischof Gerhard Ludwig Müller. Das war eine Überraschung. Mit Bischof Voderholzer hat sich eine sehr konstruktive Zusammenarbeit entwickelt. Der traditionelle volkskirchliche Charakter der Kirche in der Oberpfalz wird stärker zum Tragen kommen als beim letzten Katholikentag in Mannheim und beim nächsten in Leipzig. Eine große Bandbreite wird erlebbar sein. Ich hoffe, dass der Katholikentag einen Beitrag leistet zum gegenseitigen Verständnis unterschiedlicher Glaubenswege und Frömmigkeitsformen.

    Die reformkatholische Initiative „Wir sind Kirche“ veranstaltet in Regensburg aber ein eigenes Programm, das sie „Katholikentag plus“ nennt. Ist für Kritik kein Platz im offiziellen Programm?

    Glück: Dafür braucht es kein Zusatzprogramm. Das war nicht unsere Entscheidung, sondern die von „Wir sind Kirche“. Auch in Mannheim war sie mit ihren Veranstaltungen außerhalb des Katholikentags. Es gibt auf dem Katholikentag keine Denkverbote. Wir sprechen über viele strittige Themen – unter dem Motto „Brücken bauen mit Christus“, auch in der Kirche.

    Ein strittiges Thema ist die Schwangerenkonfliktberatung, aus der die katholische Kirche 1999 auf Anweisung aus Rom ausgestiegen war. Glauben Sie, dass diese Entscheidung unter dem neuen Papst Franziskus rückgängig gemacht werden kann?

    Glück: Auf dem Katholikentag können diese Fragen nicht geklärt werden. Es geht auch nicht um eine kirchliche Trägerschaft der Konfliktberatung. Aber die Ausgrenzung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter des Vereins „Donum Vitae“, der schwangere Frauen in Konflikten berät, und die Unterstellung einer anderen Einstellung zum Lebensschutz und zur Abtreibung müssen aufhören. Ich hoffe, dass wir da in der nächsten Zeit weiterkommen. Zum ersten Mal nach über einem Jahrzehnt haben wir eine eigene Veranstaltung des Katholikentags, die sich explizit mit dem Engagement in der gesetzlichen Schwangerschaftskonfliktberatung befasst.

    Auch wiederverheiratete Geschiedene sehen sich in der Kirche ausgegrenzt. Wird sich daran etwas ändern?

    Glück: (...) Der Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe steht nicht zur Disposition. Aber ich halte es für im Bereich des Möglichen, dass die Kirche Geschiedene, die wieder heiraten, segnet und ihnen den Zugang zu Sakramenten ermöglicht. Nicht generell und automatisch, aber im Einzelfall. Ein solcher Weg ist besser, als immer mehr Ehen im Annullierungsverfahren für nichtig zu erklären. Das kirchliche Arbeitsrecht kann in Deutschland geregelt werden. Hier haben wir die Erwartung einer baldigen Neuregelung an die Bischofskonferenz.

    Die Laien können in Regensburg über vieles diskutieren, doch am Ende entscheiden ja doch die Bischöfe.

    Glück: Die Gesprächskultur in der Kirche hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Das ist auch eine Folge des Dialogprozesses nach dem Missbrauchskandal. Es gibt mehr Transparenz bei Entscheidungen und neue Impulse für die Aufgabenverteilung zwischen Laien und Priestern.

    Spüren Sie da auch Rückenwind aus Rom?

    Glück: Ja, Papst Franziskus ist ein Pionier der neuen Gesprächskultur. Er verändert das Kirchenbild. Die Kirche kreist nicht mehr um sich selbst, sondern ist auf die Menschen ausgerichtet. Sie ist Anwältin für die Armen, die Hilfsbedürftigen.

    Der Katholikentag beginnt drei Tage nach der Europawahl. Wird Europa ein Thema sein?

    Glück: Bei der Vorbereitung konnten wir nicht ahnen, wie aktuell das angesichts der Ukraine-Krise sein wird. Einerseits gibt es in Europa als Schicksalsgemeinschaft immer mehr Verflechtungen, andererseits auch ein Auseinanderdriften mit sozialen, kulturellen und religiösen Spannungen. Das wird ein Thema sein in Regensburg.

    Alois Glück

    Seit 2009 leitet Alois Glück (74) das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, das oberste Gremium der 24 Millionen Laien in der katholischen Kirche. Der gelernte Landwirt aus dem oberbayerischen Hörzing war von 1988 bis 2003 Chef der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, von 2003 bis 2008 Landtagspräsident. Alois Glück ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

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