Visionäre braucht das Land. Solche mit Weitblick und der Risikobereitschaft, kleinliche Bedenken beiseite zu schieben und einfach einmal etwas zu probieren - selbst, wenn jeder sagt, das muss schief gehen.
Kein Zweifel, der Unternehmer Michael Siewert hatte eine Vision, als er Ende der 90er Jahre begann, seinen Traum vom Mainfrankenpark zu realisieren. Er schob die kleinlichen Bedenken derer beiseite, die sich vor lauter Vorsichtigkeit lieber gar nicht bewegen, ehe sie riskieren, etwas falsch zu machen. Während andere in Würzburg noch zauderten, zauberte er seinen Park vor den Toren der Stadt auf die grüne Wiese.
Unternehmen, die man in Würzburg selbst gerne angesiedelt hätte, kamen zu Siewert, der ihnen ein Rundum-Sorglos-Paket versprach: Erschlossenes Gelände mit guter Verkehrsanbindung, Versorgung und Entsorgung in einer Hand, Firmen in direkter Nachbarschaft, die zueinander passten und sich ergänzten - Cineworld-Kino und Burger King, Diskothek und Raststätte, Kaffee-Bar und Hotel, Ferrari und Harley-Davidson.
Doch dann kam die Wirtschaftskrise, und weitere Interessenten blieben aus: Siewert fand keine Käufer mehr für Grundstücke, die nur noch auf dem Papier Millionen wert waren. Weil in manchen Banken nicht Visionäre, sondern kühle Rechner saßen, kamen Finanzierungen nicht zustande, die ihm zusätzliche Käufer beschert hätten. Dazu traf ihn die zweimalige Insolvenz eines Steakhauses, das von einer Bande von Anlage-Betrügern gebaut worden war.
Das alles begann, ihm die Luft abzuschnüren. Und es blieb nicht bei einem einzigen Flop: Angekündigt, aber nie realisiert, wurden ein Raumfahrt-Museum, eine Konzerthalle mit Marianne und Michael, ein Gourmet-Restaurant im Imax-Kino und zuletzt ein 35-Millionen teures Spaßbad samt Drei- bis Vier-Sterne-Hotel. Siewert drehte das große Rad, wenn man auch immer mehr das Gefühl hatte, einem Hamster im Laufrad zuzusehen.
Fatal war aber etwas anderes: Manche Visionäre verlieren vor lauter Begeisterung die Bodenhaftung, leugnen Realitäten und schlagen alle Warnungen in den Wind. So war es mit Siewerts Imax-Kino. Das eiförmige Wahrzeichen des Gewerbeparks wollte er unbedingt verwirklichen, allen Mahnungen zum Trotz. Und als sich niemand fand, baute er das Prestige-Objekt selbst und versenkte damit viel Geld in einem Beton-Ei. Die 400 000 Besucher, die angeblich dorthin kamen, glaubte am Ende nur noch Siewert selbst. Nun scheitert an einer unbezahlten Strom-Rechnung von wenigen hunderttausend Euro ein Visionär, der noch vor kurzem mit Millionen jongliert hatte.
Bitter daran ist, dass sich nun jene kleinlichen Rechthaber bestätigt sehen, die da meinen: Wer nichts unternimmt und riskiert, macht auch nichts falsch. Das ist ein fatales und ein falsches Signal, das von Siewerts Scheitern ausgehen könnte.