Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Meinung
Icon Pfeil nach unten
Leitartikel
Icon Pfeil nach unten

Der Leseranwalt: Journalisten sollten nicht nur zu Ihnen reden, sondern auch mit Ihnen

Leitartikel

Der Leseranwalt: Journalisten sollten nicht nur zu Ihnen reden, sondern auch mit Ihnen

    • |
    • |

    Ein Bedürfnis, mehr mit Journalisten zu diskutieren, nehme ich zuweilen wahr. Dazu sollte es häufiger kommen, wenn es nach der Forschung geht. Die signalisiert wieder verstärktes Interesse daran zu untersuchen, wie das Publikum den Journalismus wahrnimmt. Es geht also auch um Empfindungen von Leserinnen und Leser dieser Zeitung.

    Zu dem allzeit wichtigen Thema führt mich das Europäische Journalismus Observatorium mit einem aktuellen Beitrag. „Die Kluft zwischen Journalisten und Publikum“, lautet die Überschrift. Autor ist Thomas Schmidt, der in den USA an der University of Oregon forscht und lehrt.

    Besteht für Sie eine Kluft hin zu Journalisten der Main-Post? So könnte ich hier nachfragen. Unterschiedliche Antworten wären wahrscheinlich. Die entstehen aus ihren Erwartungen und Erfahrungen. Und dann aber aus dem Abgleich, ob die Erwartungen mit den Erfahrungen übereinstimmen. Das meint Schmidt nach Studien in den USA.

    Frage man dort im direkten Gespräch, was Menschen vom Journalismus erwarten, laute die Antwort häufig: Fakten. Aber als tatsächliche Erfahrungen berichteten dann viele, Nachrichten seien zu parteiisch, zu aufsehenerregend und zu oberflächlich. Auf die Frage nach Erklärungen erfahre man häufig: Journalisten seien oft zu arrogant und abgehoben. Einer habe es auf den Punkt gebracht: „Die Journalisten reden zu uns, aber nicht mit uns.“

    Unterschiede zum Publikum zeigen sich auch im Rollenverständnis: Journalisten sehen sich als Aufpasser in der Politik und Wächter der Demokratie. Das hat ihnen das Bundesverfassungsgericht in Deutschland mehrfach zugesprochen. Und auch das US-Publikum gestehe das zu. Doch in der US-Studie wünschen sich Leute in den USA bei Qualitäten und Rollenbildern von Journalisten beispielsweise auch die Verlässlichkeit eines Apothekers, die Aufmerksamkeit eines Barkeepers und die Hilfsbereitschaft des Nachbarn.

    Verallgemeinern lasse sich das nicht, räumt Schmidt ein. Aber auf den Wunsch nach mehr Transparenz und Authentizität, sowie nach Demut und Bereitschaft zur Interaktion könne das hindeuten.

    Daraus ergeben sich Anhaltspunkte für eine Diskussion darüber, wie Journalisten und ihre Redaktionen ihr Verhältnis zum Publikum zu beiderseitigem Nutzen neu definieren könnten. Da geht es um die gesellschaftliche Bedeutung des Journalismus in Zeiten medialer Unübersichtlichkeit und wachsender Konkurrenz mit anderen Medienangeboten.

    Deshalb sei ein Ziel für 2018: Trotz Konkurrenz und Veränderungsdruck Zeit nehmen zu Gesprächen. Gerne vermittle ich dabei.

    Online: mainpost.de/9827625

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden