Echtzeit wird im Internet mehr und mehr zum Aktualitäts-Maßstab. Das bedeutet mittlerweile: Nachrichten erreichen Nutzer oft, während Ereignisse noch im Gange sind. Schriftliche, bebilderte Blitz-Informationen können selbst TV-Direktübertragungen vorauseilen. Grundsätzlich gilt im Net: Je schneller die Nachricht raus ist, desto besser. So kann sie zu einer Breaking-News, zu einer brandheißen, durchschlagenden Nachricht werden. Grundsätzlich gilt das auch für mainpost.de, wobei Korrektheit noch vor Schnelligkeit gehen muss.
Schnelligkeit kann unangenehme Folgen haben. Auf eine hat uns ein Feuerwehrmann hingewiesen. Er wundert sich, weil eine Journalistin nach kürzester Zeit an einer Unfallstelle war, um Fotos zu machen. Er fragt, ob wir uns mit der Zeitung mit den vier großen Buchstaben gleichstellen wollen, wenn wir Unglücksbilder sofort online veröffentlichen? Zu schnell stand aus seiner Sicht die bebilderte Unfall-Nachricht im Netz.
Diese Schnelligkeit kam zustande, weil jene Journalistin zufällig in der Nähe des Unfallortes wohnt. Das Problem: Polizei und Notfallseelsorge hätten keine Chance gehabt, vorher Angehörige eines Unfallopfers professionell einfühlsam zu verständigen. Die Nachricht hätte ihnen zuvorkommen können. Der Feuerwehrmann fügt eine weitere Folge hinzu: Es hätte sogar sein können, dass Angehörige auf einem Unfall-Bild im Net ein bekanntes Fahrzeug erkennen, schockiert sind und zur Unfallstelle eilen. Aber während der laufenden Einsätze werde es vor Ort zum Problem, mit Angehörigen von Opfern richtig umzugehen.
In einer Konferenz hat die Redaktion deshalb entschieden, künftig Unfallmeldungen online erst dann mit Bild zu veröffentlichen, wenn die offizielle Bestätigung der Polizei vorliegt, nicht nur eine erste Information des Einsatzleiters vor Ort. Schockierende Bild-Details sollen wie immer vermieden werden. Das gebietet schon die Rücksicht auf Angehörige von Opfern. Eine wirksame Patentlösung ist das nicht. Auch andere Medien oder Passanten verbreiten Unfallbilder sofort in sozialen Netzwerken im Internet.
Aber die Redaktion der Main-Post will auch in Zeiten, in denen Schnelligkeit triumphiert, bei Unglücksfällen in ihrer lokalen Umgebung sensibel mit den Möglichkeiten des Internets umgehen. Die Journalistin hat dem Feuerwehrmann geschrieben, ihr sei es um schnelle Information im Internet gegangen, auch weil bei dem Unglück eine Straße gesperrt werden musste. Diesem journalistischen Reflex werde sie künftig überlegter nachgehen. Von Sensationslust könne keine Rede sein.