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Die Pontius-Pilatus-Methode

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Die Pontius-Pilatus-Methode

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    G lückwunsch, Siemens-Chef Klaus Kleinfeld! Sie haben anderen deutschen Managern eine neue und raffinierte Art gezeigt, un- bequeme Mitarbeiter los zu werden.

    Nennen wir es die Pontius-Pila- tus-Methode: 3000 unbequem ge- wordene Mitarbeiter Ihrer ehemali- gen Siemens-Handy-Sparte in Deutschland haben Sie nicht selbst ans Kreuz genagelt. Sondern den Laden vorher schnell verkauft und dem Käufer BenQ aus Taiwan die Dreckarbeit überlassen. Jetzt noch schnell die Hände in Unschuld ge- waschen - das ist eine echte Leis- tung. Dafür sind 30 Prozent Ge- haltserhöhungen für die Chefetage von Siemens fast schon ein zu be- scheidener Lohn.

    Der Mann, der für Sie die Kohlen aus dem Feuer geholt hat, heißt Kuen-Yao Lee und ist Vorstands- Chef von BenQ im fernen Taiwan. Und dem kann völlig egal sein, ob sich hier in Deutschland nun Ge- werkschaften, Betriebsrat oder ein bedeutender Politiker wie Jürgen Rüttgers publikumswirksam über den Insolvenzantrag erregen.

    Selbstverständlich können Sie, Herr Kleinfeld, nichts dafür, dass die nicht mehr konkurrenzfähige und eilig abgestossene Handy- Sparte jetzt Pleite macht, gerade, als die noch von Ihrem Haus ausge- handelte einjährige Beschäftigungs- garantie abgelaufen war.

    Im Grunde ist auch überhaupt keiner schuld an der Misere. Es ist einfach dumm gelaufen, nicht wahr? Das sei so nicht geplant ge- wesen, heißt es bei BenQ. Und Sie- mens betont: Bei der Übergabe an BenQ vor einem Jahr habe man da- rauf geachtet, dass die Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland auch in Zukunft gesichert blieben. Ihr Kommunikations-Chef Janos Gönczöl geht sogar soweit, zu sagen: "Siemens hat damals inten- siv geprüft, wer der geeignetste Part- ner für das Handy-Geschäft ist". Was waren denn da für Prüfer am Werk? Ausbaden müssen ihr Ver- sagen die 3000 Mitarbeiter in Deutschland, die zur Rettung ihrer Arbeitsplätze sogar auf 28 Prozent ihres Lohnes verzichtet hatten.

    Die Trennung von der Handy- sparte sollte der Startschuss für einen tief greifenden und ambitio- nierten Konzernumbau durch den neuen Boss werden, der noch in vollem Gange ist. Ziel von Klaus Kleinfeld ist es, dass alle Bereiche schnell Renditen erwirtschaften, die sich an den besten Konkurrenten auf dem jeweiligen Feld orientieren.

    Um BenQ die Übernahme zu ver- süßen, hatten Siemens vor dem Ver- kauf noch 250 Millionen Euro in- vestiert und 100 Millionen Euro an Abschreibungen übernommen. Das darf man einen respektablen Hen- kerslohn nennen.

    Auffällig ist auch, wie das Unter- nehmen aufgeteilt wurde: in eine GmbH für die Manager, eine für das Know-how und eine finanziell ganz schwachbrüstige für die Mitarbeiter. So wurden viele hundert Millionen Euro an Werten abgezogen, die jetzt nicht mehr für die Mitarbeiter im Insolvenzverfahren zur Verfügung stehen. Ob das ein Zufall ist?

    Klaus Kleinfeld, eigentlich müsste man sagen: Schämen Sie sich dafür. Aber Sie gönnen sich ja lieber eine 30-prozentige Gehaltserhöhung. Schamhaftigkeit ist - aus der Höhe einer Vorstandsetage betrachtet - wohl eine vernachlässigbare Größe. Aber macht es nicht sogar Sie nach- denklich, wenn selbst Edmund Stoi- ber ihre Gehaltserhöhung für "ver- werflich und geschmacklos" hält? Und Heinrich von Pierer, Chef Ihres Aufsichtsrates, meint: Ihr Hauruck- Management überfordere den Sie- mens-Konzern?

    Jedenfalls treibt man so Wähler in die Arme radikaler Parteien - so gefährdet man die Demokratie, die in einer globalisierten Wirtschaft Geschäftsgrundlage bleiben muss.

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