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Würzburg: Europawahl-Kommentar: Die Jugend krempelt das Parteiensystem um

Würzburg

Europawahl-Kommentar: Die Jugend krempelt das Parteiensystem um

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    Grund zum Jubeln: Die Wahlparty zur Europawahlder Grünen in Berlin. 
    Grund zum Jubeln: Die Wahlparty zur Europawahlder Grünen in Berlin.  Foto: Kay Nietfeld (dpa) 

    Die beste Nachricht dieser neunten Direktwahl zum Europäischen Parlament: In vielen Ländern, darunter Deutschland ist die Wahlbeteiligung deutlich gestiegen. Die Menschen sind nicht europamüde. Darum haben sie diese Europawahl auch nicht als Protestwahl missbraucht. Natürlich standen in vielen Ländern auch nationale Fragen mit im Fokus. Wenn eine Partei zuhause schlecht regiert, warum soll  sie es auf der Europäischen Bühne besser machen?  Gerade in Deutschland aber gibt es nicht nur einige dicke Überraschungen, sondern auch klare Wahltrends zu analysieren.  

    SPD ist der große Verlierer der Europawahl

    Größter Verlierer ist die SPD. Gegenüber dem passablen Europawahlergebnis von vor fünf Jahren verlor sie zweistellig. Doch damit nicht genug, selbst das magere Ergebnis der Bundestagswahl von 2017 wurde unterboten. Nicht einmal mehr 16 Prozent bei einem bundesweiten Wahlgang und der erstmalige Verlust der Regierungsverantwortung im kleinsten Bundesland Bremen zwingen die Sozialdemokraten in die Knie. Die Partei muss sich erneuern. Aber wie und mit wem an der Spitze? Es wird spannend im Willy-Brandt-Haus.   

    Kein Manfred-Weber-Effekt bei der Union

    Dass die bayerische CSU leicht zulegen konnte, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Union mit unter 30 Prozent ebenfalls einen historischen Tiefstand bei einem bundesweiten Wahlgang verzeichnen muss. Trotz Manfred Weber, also mit einem Unionspolitiker als eigenem europaweiten Spitzenkandidaten, verlor  die Unionsfamilie rund sieben Prozentpunkte. 

    Aber reden wir von den Gewinnern, reden wir von den Grünen.  Nach Hessen und Bayern sind sie nun auch bei einem bundesweiten Wahlgang die Nummer Zwei im deutschen Parteiengefüge geworden. Zum dritten Mal lassen sie die SPD weit hinter sich. Über 20 Prozent für die deutschen Grünen, damit haben sie weit mehr dazu gewonnen, als in anderen europäischen Ländern. Die Grünen haben sich als  Alternative zu SPD und Union etabliert, fast möchte man von einer dritten Volkspartei sprechen. 

    Bei Erstwählern liegen die Grünen weit vorne

    Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen schaffen es die Grünen im Gegensatz zu SPD und Union die Jugend anzusprechen. Bei den Erstwählern sind sie mit großem Abstand die stärkste Kraft. Zusammen mit der Union trauen alle Wähler den Grünen am ehesten zu, die Fragen der Zukunft zu beantworten. Der Klimawandel, die "Fridays-for-future"-Bewegung der Schülerinnen und Schüler - ein Thema für das wie keine andere Partei in Deutschland die Grünen stehen. Und bei dem für die Europawahl so wichtigen Thema Flucht und Migration waren sie die einzige Partei, die klar und eindeutig eine humane Flüchtlingspolitik eingefordert hat, die die Fluchtursachen bekämpft und nicht die Menschen, die in ihrer Not zu uns kommen.  

    Ein Thema, bei dem sonst eigentlich alle etablierten Parteien aus Angst Anhänger an die Populisten der AfD zu verlieren, keine eindeutige und klare Haltung eingenommen haben. Die AfD konnte zwar auch ein paar Prozentpunkte zulegen, der  Vergleich zur letzte Bundestagswahl aber zeigt, die Rechtspopulisten haben bei der Europawahl weit weniger Stimmern bekommen, als erwartet wurde. Das heißt noch nicht, dass der Spuk schon wieder vorbei ist. Das könnten erst die Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zeigen. Doch die Umfragen und auch die ostdeutschen Ergebnisse der Europawahl machen da wenig Hoffnung.   

    Darum müssen wir die Signale dieser Europawahl in Deutschland richtig deuten: Der Wandel im politischen System der Bundesrepublik kommt nicht von Rechts, nicht von Populisten und nicht von Wutbürgern. Er kommt von der Jugend, er ist digital und fordert Antworten auf die Themen der Zukunft. Die hohe Wahlbeteiligung und das Abstrafen der Volksparteien bei nur geringem rechtspopulistischen Zugewinnen belegt: Deutschland hat für ein Europa gestimmt, dass die Klimakrise ernst nimmt, offen und liberal bleibt und die Menschenrechte achtet.     

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