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Fünf Jahre danach: Die Lehren aus der Tragödie

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Fünf Jahre danach: Die Lehren aus der Tragödie

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    Gedenken am Ort der Katastrophe in Duisburg: Hier waren vor fünf Jahren 21 Menschen bei einer Massenpanik ums Leben gekommen, Hunderte wurden verletzt.
    Gedenken am Ort der Katastrophe in Duisburg: Hier waren vor fünf Jahren 21 Menschen bei einer Massenpanik ums Leben gekommen, Hunderte wurden verletzt. Foto: Oliver Berg (dpa)

    Während die Stadt Duisburg am Freitag der Loveparade-Opfer gedenkt, dauert die Katastrophe für die Familien der 21 Toten nach wie vor an. Fünf Jahre nach dem Unglück ist immer noch unklar, ob es je zu einem Strafprozess gegen die Verantwortlichen kommen wird.

    Die Angehörigen sehnen sich danach zu verstehen, wieso ihre Kinder, Geschwister oder Freunde am 24. Juli 2010 bei einer Techno-Party sterben mussten. Ein Urteil soll ihnen dabei helfen, mit der Katastrophe abzuschließen. Das Loveparade-Gerichtsverfahren, so viel zeichnet sich nach fünf Jahren ab, wird ihnen diesen Dienst nicht erweisen.

    Gemeinsames Versagen aller Beteiligten

    Die tödliche Massenpanik im Tunnel konnte nur durch ein kollektives Versagen aller Beteiligten entstehen. Die Stadt Duisburg und der Veranstalter wollten nicht wahrhaben, dass das Gelände für die Menschenmassen von mehreren Hunderttausend Teilnehmern ungeeignet ist. Zu groß war die Profitgier und der Wunsch nach Ansehen für die Region. Am Unglückstag haben mehrere Sicherheitskräfte falsche Entscheidungen getroffen und den todbringenden Stau im Tunnel auf diese Weise herbeigeführt. Darüber, wer wann falsch reagiert hat, gibt es auch nach fünf Jahren Aufarbeitung keine eindeutigen Ergebnisse.

    Es ist unmöglich, aus dieser Verkettung von Umständen die Unglücksursache herauszufiltern. In einem vergleichbaren Justizfall nach einem Großbrand im Düsseldorfer Flughafen 1996 mit 17 Toten stellten die Richter fest, dass die Folgen des Brandes zwar verheerend, die persönliche Schuld des Einzelnen aber gleichwohl gering sein kann. Der Prozess gegen Flughafenmitarbeiter wurde nach Zahlung einer Geldstrafe eingestellt. Ein Gerichtsverfahren taugt bei derartigen Katastrophen nicht als Instrument, um dem Unglück gerecht zu werden.

    Im Fall der Duisburger Loveparade steckt die Justiz mitten in einem der größten Verfahren der Nachkriegsgeschichte. Die Ermittlungsakte umfasst mehr als 44 000 Seiten, 3400 Zeugen wurden vernommen. Dreieinhalb Jahre hat die Staatsanwaltschaft für die Ermittlungen gebraucht. Für die Hinterbliebenen bedeutete das nervenaufreibende Warterei. Doch bei den Ausmaßen, die dieses Verfahren hat, kann niemand ein schnelles und gleichzeitig gerechtes Urteil erwarten.

    Selbst wenn es in frühestens zwei Jahren zu einem Urteil gegen Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent und Angestellte der Stadtverwaltung Duisburg kommen sollte, bleiben die damals eigentlich Verantwortlichen unbehelligt. Weder gegen Adolf Sauerland, damaliger Oberbürgermeister Duisburgs, noch gegen Rainer Schaller, Geschäftsführer des Veranstalters, wurde persönlich ermittelt.

    Sie hatten die Vorbereitungen für die Loveparade an Mitarbeiter delegiert und das Projekt nur im Hintergrund vorangetrieben. Mit dem Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist wird selbst eine nachträgliche Anklage Sauerlands und Schallers wegen fahrlässiger Tötung juristisch unmöglich. Am Ende büßen nur die ausführenden Angestellten. Für die Angehörigen der Opfer kann das keine Genugtuung sein.

    Die 21 Toten von Duisburg waren zwischen 18 und 38 Jahre alt. Dass sie von einer Sommerparty nicht mehr lebend zurückkamen, wird für immer unfassbar bleiben. Das Gerichtsverfahren kann daran nichts ändern. Was bleibt, ist dafür zu sorgen, dass größere Menschenansammlungen nie wieder unterschätzt werden. Jeder, der ein Großereignis plant, sollte Duisburg vor Augen haben.

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