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MÜNCHEN/BERLIN: Kommentar: Das Kreuz mit der Grundsteuer

MÜNCHEN/BERLIN

Kommentar: Das Kreuz mit der Grundsteuer

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    Bei der Reform der Grundsteuer, auf die das Bundesverfassungsgericht pocht, läuft der Bundesregierung die Zeit davon. Seit klar ist, dass das Kabinett den Gesetzentwurf von SPD-Finanzminister Olaf Scholz nicht wie geplant Ende April verabschieden wird, scheint ein Kompromiss in weite Ferne gerückt. Ein sinnvoller Ausweg könnte der Kompromiss sein, dass es eben gar keinen gibt. Dass nämlich jedes Bundesland künftig selbst entscheidet, nach welchem Prinzip es die Grundsteuer erhebt.

    So würde die Situation schnell entschärft. Denn bis Ende des Jahres muss ja dringend ein neues Modell her, sonst fällt eine der wichtigsten kommunalen Einnahmequellen ersatzlos weg. In den Kassen der gut 11 000 Gemeinden in Deutschland würden auf einen Schlag rund 14 Milliarden Euro fehlen. Geld, das für Schulen, Straßen und Schwimmbäder dringend benötigt wird.

    Die alten Einheitswerte sind schon lange überholt

    Die Grundsteuer in ihrer jetzigen Form ist ungerecht. Ihre Berechnung basiert in den westlichen Bundesländern auf Einheitswerten aus dem Jahr 1964, im Osten stammen die Grundlagen sogar noch aus der Hitlerzeit. Mit dem heutigen Immobilienmarkt haben diese Werte nichts mehr zu tun. Welche Rolle der Wert der Immobilie aber künftig bei der Berechnung der Grundsteuer spielen soll, ist umstritten.

    Auf der einen Seite stehen die Christsozialen, die der Ansicht sind, dass der Immobilienwert bei der Grundsteuer ganz außen vor bleiben sollte. Nach dieser Sichtweise sollte die Grundsteuer keine verkappte Vermögens- oder Einkommensteuer sein, sondern ein verlässlich kalkulierbares Element der laufenden Kosten für eine Liegenschaft, eher vergleichbar mit der Fernsehgebühr. Aus bayerischer Sicht verständlich, denn im wirtschaftlich prosperierenden Freistaat sind die Immobilien viel teurer als in ärmeren Regionen der Republik. Das Scholz-Modell könnte also viele Bayern schlechterstellen, deren Zorn dann an der Wahlurne die CSU träfe.

    Stehen am Ende explodierende Mieten und Immobilienpreise?

    Aus sozialdemokratischer Sicht soll vor allem der Wert der Immobilie über die Höhe der Grundsteuer entscheiden. Dahinter steckt die Überzeugung, dass wohlhabendere Bürger auch einen höheren Beitrag für das Gemeinwesen leisten sollen. Und dass ein Haus mit Garten im ländlichen Thüringen nicht genausowenig Grundsteuer kosten darf wie ein ebenso großes Haus mit Garten am Starnberger See, das das Vielfache wert ist. Doch ein wertbasiertes Modell trifft nicht nur Reiche. Sondern auch viele, die beim Kauf ihrer Immobilie schon an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit gehen mussten. Und die Mieter, die ja über die Nebenkosten stets mit belastet werden.

    Im Endeffekt könnte das Modell von Scholz dafür sorgen, dass die Situation gerade dort eskaliert, wo die Menschen jetzt schon unter explodierenden Mieten und Immobilienpreisen leiden. Könnte. Denn bei allen Berechnungen, die jetzt kursieren, kommt es am Ende darauf an, ob die Gemeinden auch die Hebesätze ändern. Der Städtetag hat zwar bekräftigt, dass die Kommunen die Hebesätze so anpassen werden, dass das Grundsteueraufkommen insgesamt nicht steigt. Doch gerade klammen Städten und Gemeinden dürfte es an Argumenten nicht mangeln, dann doch stärker zuzugreifen.

    Weil die Hebesätze bereits jetzt von Kommune zu Kommune, von Region zu Region völlig unterschiedlich ausfallen, spräche nichts gegen die von Bayern geforderte Öffnungsklausel bei der Grundsteuer. Jede Landesregierung könnte entweder eigene Lösungen finden oder das Scholz-Modell wählen. Und müsste seine Entscheidung auch vor dem Wähler verantworten.

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