Es gibt Entscheidungen, die tun richtig gut. Denn sie beweisen, dass der Rechtsstaat funktioniert, man sich auf ihn verlassen kann. In Bayern, in Deutschland und auch in Europa. Der Europäische Gerichtshof hat überraschend eines der peinlichsten Projekte deutscher Politik kassiert: Die von der Bundesregierung geplante Pkw-Maut ist mit europäischem Recht laut den obersten EU-Richtern unvereinbar.
Überraschend kommt dieser Richterspruch vor allem deshalb, weil erst von einigen Wochen der Generalanwalt in einem Gutachten die Zurückweisung der Klage empfohlen hatte. Und die obersten Richter in den allermeisten Fällen diesem Votum auch folgen. Aber Richter sind unabhängig und können ganz anders entscheiden als ein von den nationalen Regierungen ernannter Generalanwalt.
Ein peinliches Polit-Geschacher beendet
Nicht nur die Gegner, auch Befürworter einer Autobahnmaut sollten sich über die demonstrierte Unabhängigkeit der Richter freuen. Denn diese Maut war von Anfang an ein Schmierenstück deutscher Politik, getragen von Stammtischparolen, Populismus und Machtspielchen. Genau die Art von Politik, die immer mehr Bürger und vor allem unsere Jugend verschreckt und von den etablierten Parteien abkehren lässt. Leider brauchte es die obersten Richter, um dieses unsinnige Ränkespiel zu beenden.

Erinnern wir uns: Die Idee einer Pkw-Maut wurde in bayerischen Bierzelten und an Stammtischen geboren und vom damaligen CSU-Chef Horst Seehofer zum bundespolitischen Prestigeobjekt der CSU erklärt. Gegen den erklärten Willen der Bundeskanzlerin und gegen den Widerstand des damaligen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble. Letzterer konnte schlüssig vorrechnen, dass diese Maut den Steuerzahler unter Umständen sogar mehr kostet als sie ihm nützt.
Doch darum ging es den Verantwortlichen auch gar nicht. Wenn Österreich eine Maut erhebt, Italien und Frankreich auch, ist es doch nur recht und billig, wenn wir Deutsche auch Wegelagerei betreiben. Koste es, was es wolle. Unwürdig, wie in der Folge Kanzlerin Angela Merkel unter Druck gesetzt wurde, wie sie schließlich aus koalitionstaktischen Gründen nachgab und mit anderen EU-Staats- und Regierungschefs die Maut aushandelte. Und am Ende des peinlichen Politgeschachers bedrängte Merkel Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der knickte ein und düpierte damit seine eigene Verkehrskommissarin Violeta Bulc, die sich klar gegen die deutschen Pläne ausgesprochen hatte.
Gesetzeswerk in allen wesentlichen Punkten kassiert
Sie alle stehen jetzt ordentlich blamiert da. Denn der EuGH hat nicht nur die sehr offensichtliche Entlastung der deutschen Pkw-Besitzer als "mittelbare Diskriminierung" gerügt. Nein, das Dobrindt'sche Gesetzeswerk ist in allen wichtigen Punkten mit Glanz und Gloria durchgefallen: dass deutsche Autofahrer keine Alternative zur Jahresvignette hätten, dass für Deutsche das Steuerprinzip, für Ausländer aber das Verursacherprinzip gelte, dass das Gesetz gegen das Grundrecht auf freien Waren- und Dienstleistungsverkehr verstößt und die Verbraucher-Preise erhöhe. "Setzen, sechs", würde der Lehrer in der Schule sagen.
Mit der Idee "Pkw-Maut für alle, die Deutschen aber 1:1 entlastet", wollte sich der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt ein Denkmal setzen. Viel Zeit, in der er sinnvolle Verkehrs- und Infrastrukturpolitik hätte betreiben können, hat sein Ministerium investiert. Verlorene Zeit. Mit der ihm eigenen Überheblichkeit wollte der CSU-Politiker mit schlecht geübten Taschenspielertricks die EU ausbooten. Nur er selbst dachte, er würde zaubern, doch aus dem Zylinder plumpst ein totes Kaninchen. Wiederbelebung zwecklos. Seinem Nachfolger Andreas Scheuer kann man nur raten, es so schnell wie möglich zu beerdigen.