Die Deutschen hängen am Bargeld. Es ist ihr beliebtestes Zahlungsmittel. Verschiedene Umfragen belegen das. Nur etwa ein Drittel der Bundesbürger zahlt gerne mit Karte. Jeder Fünfte würde laut dem Meinungsforschungsinstitut Civey einen großen Bogen um Supermärkte machen, wenn er dort nicht mit Münzen und Scheinen bezahlen könnte. Mobile Bezahlmöglichkeiten mit dem Smartphone kommen bislang nur für eine kleine Minderheit in Frage. Es ist also noch ein weiter Weg zur bargeldlosen Gesellschaft, wie sie der Internationale Währungsfonds (IWF) propagiert. Und das ist gut so! Denn Bargeld ist nicht einfach nur ein Zahlungsmittel, sondern gelebte Freiheit. Und außerdem ein wirkungsvolles Mittel gegen das Schreckgespenst vom gläsernen Bürger.
In Wahrheit geht es um die Kontrolle über das Geldvermögen der Bürger.
Die Verfechter des bargeldlosen Bezahlens sind davon überzeugt, dass es zum Beispiel Drogenhandel, Schwarzarbeit und Geldwäsche deutlich erschwert. Deshalb hat die Europäische Zentralbank Ende 2018 zum Beispiel den 500-Euro-Schein eingestampft. Eine Studie der Deutschen Bank bezweifelt allerdings, ob der Kriminalität damit die Geschäftsgrundlage nachhaltig entzogen werden kann. Denn für illegale Transaktionen gebe es Alternativen zum Bargeld - auch wenn diese für die Täter mit höheren Kosten verbunden seien. In Wahrheit, so die Bank-Studie "Bargeld, Freiheit und Verbrechen – Bargeld in der digitalen Welt" gehe es um die Kontrolle über das Geldvermögen der Bürger in der Euro-Zone. Negative Zinsen ließen sich so beispielsweise besser durchsetzen. Solange Bargeld existiert, ist das kaum machbar.
Negative Zinsen sollen die Menschen zum elektronischen Bezahlen animieren
Der IWF plädiert deshalb dafür, in Volkswirtschaften, die von der Rezession bedroht sind, Minuszinsen einzuführen – von bis zu drei Prozent. In der Praxis bedeutet das: 100 Euro auf dem Konto wären nach einem Jahr nur noch 97 Euro wert. Logische Konsequenz einer solchen Abwertung: Kunden würden ihr Geld von der Bank abheben und daheim aufbewahren. Doch auch für diesen Fall hat die IWF eine Empfehlung: Bei Negativzinsen von drei Prozent soll Bargeld als „Parallelwährung“ zum elektronischen Geld ebenfalls um drei Prozent pro Jahr entwertet werden. Dadurch wäre es kein Vorteil mehr, sein Erspartes unterm Kopfkissen zu deponieren. Denn beides, elektronisches Geld auf Bankkonten und Bargeld, würde jährlich jeweils drei Prozent an Wert verlieren. Schwer vorstellbar, dass solche Pläne in Deutschland mehrheitsfähig sind. Das wäre eine kalte Enteignung der Bürger - mit unabsehbaren Folgen.
Wer mit Schein und Münzen einkauft, hinterlässt keine Datenspuren.
Es gibt noch einen weiteren triftigen Grund, nicht allein auf digitale Bezahlmöglichkeiten zu setzen: "Geld ist geprägte Freiheit." Was der der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski bereits im 19. Jahrhundert formulierte, ist heute genauso aktuell. Bargeld ermöglicht Gleichheit und Teilhabe, da es für alle Bevölkerungsschichten zugänglich ist. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio warnt deshalb: "Wir dürfen den Bürger nicht in ein System zwingen, wo er ununterbrochen Spuren hinterlässt." Eine Abschaffung des Bargelds sei "ein Verstoß gegen die Pflicht des Staates, eine geeignete Infrastruktur zum Schutz von Persönlichkeitsrechten zu erhalten".
Wer mit Schein und Münzen einkauft, hinterlässt keine Datenspuren. Deswegen muss es im Privatleben weiter möglich sein, damit zu zahlen. Die Chancen stehen nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, aus juristischer Sicht gut. Denn: Wer den Leuten das Bargeld nehmen will, vollziehe damit einen "nicht gerechtfertigten Eingriff in Freiheitsrechte, nämlich in die Vertragsfreiheit und Privatautonomie".
Also: Finger weg vom Bargeld! Jeder Bundesbürger muss weiterhin selbst entscheiden können, auf welche Weise er bezahlt.