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Leitartikel: Aufrichtigkeit sieht anders aus

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Leitartikel: Aufrichtigkeit sieht anders aus

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    Karl-Theodor zu Guttenberg ist gerade dabei, auch noch den letzten Rest von Glaubwürdigkeit zu verlieren, der ihm nach seinem Rücktritt vom Amt des Verteidigungsministers vor fast genau sechs Wochen geblieben war. Anstatt, wie angekündigt, an der Aufklärung der Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit tatkräftig mitzuwirken, versucht Guttenberg offensichtlich über seine Anwälte, die Veröffentlichung des Abschlussberichts der Bayreuther Universitätskommission zu verhindern. Dieses Vorgehen des einst beliebtesten deutschen Politikers gegen einen Bericht mit für ihn mutmaßlich wenig schmeichelhaftem Ergebnis ist geradezu ungeheuerlich und darüber hinaus politisch dumm.

    Auf 271 Seiten seiner Dissertation, knapp 70 Prozent der Arbeit, soll – so die Vorwürfe – zu Guttenberg andere Autoren zitiert haben, ohne diese teilweise seitenlangen Passagen als Zitate auszuweisen. Die übernommenen Texte stammen aus Zeitungen, aus Büchern oder aus Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Zu Guttenberg hatte sich zwar mehrfach für mögliche Fehler beim Verfassen der Arbeit entschuldigt. Zugleich hatte er aber immer wieder bestritten, bewusst getäuscht zu haben.

    Zu genau diesem Schluss scheint aber nun die „Kommission zur Selbstkontrolle der Wissenschaft“ an der Uni Bayreuth zu kommen, die ihren Bericht bis Ende dieses Monats vorlegen will. Art und Ausmaß der Plagiate ließen kein anderes Ergebnis zu, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

    Noch in seiner Rücktrittserklärung hatte zu Guttenberg beteuert, ihm sei es ein „aufrichtiges Anliegen“, sich an der Klärung der Fragen hinsichtlich seiner Doktorarbeit zu beteiligen. Und ihm sei es immer wichtig gewesen, zu seinen Schwächen und Fehlern zu stehen und „diese vor der Öffentlichkeit nicht zu verbergen“.

    Das soll jetzt offenbar alles nicht mehr gelten. Der Oberfranke ist nicht mehr Mitglied der Universität. Den Doktortitel haben die Bayreuther ihm bereits entzogen. Also, so wohl die Argumente der Anwälte, gehört dieser Kommissionsbericht auch nicht in die Öffentlichkeit: Der Bericht ist gleichsam Privatsache zwischen der Uni-Leitung und dem Herrn zu Guttenberg.

    Es ist unglaublich, mit welcher Dreistigkeit zu Guttenberg versucht, seine eigene Legende fortzuspinnen und – davon muss man wohl ausgehen – auf eine politische Rehabilitation hinzuarbeiten. Am Anfang nannte er die Plagiatsvorwürfe „abstrus“, dann war von handwerklichen Fehlern die Rede. Als immer mehr Details bekannt wurden, ließ er seinen Doktortitel vorübergehend ruhen. Schließlich trat er zurück, angeblich vor allem, um Schaden vom Amt und von den ihm anvertrauten Soldaten abzuhalten. Aufrichtigkeit sieht anders aus, das zeigt sich nun auch am – wahrscheinlich bitteren – Ende der Affäre.

    Die Uni Bayreuth sollte sich das alles nicht bieten lassen. Nur eine umfassende Veröffentlichung des Berichts gibt ihr die Chance, ihren guten Ruf wiederherzustellen. Sie kann unter Umständen zeigen, wem und welchen Methoden sie da aufgesessen ist und um Verständnis werben. Aber auch die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse daran, endlich zu erfahren, wie es denn wirklich war mit der Doktorarbeit des Freiherrn von und zu Guttenberg. Von ihm selbst, der so gerne Anstand und Wahrheitsliebe propagiert, ist da wohl leider nichts mehr zu erwarten.

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