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Leitartikel: Der Tag der vier Päpste

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Leitartikel: Der Tag der vier Päpste

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    Leitartikel: Der Tag der vier Päpste
    Leitartikel: Der Tag der vier Päpste

    Es wird der Tag der vier Päpste sein. An diesem Sonntag spricht Papst Franziskus zwei seiner Vorgänger, Johannes XXIII. (1958-1963) und Johannes Paul II. (1978-2005) heilig. Auch Benedikt XVI. ist zu der historischen Zeremonie auf dem Petersplatz in Rom eingeladen. Das Ereignis, das Hunderttausende in Rom und offiziellen Schätzungen zufolge knapp ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung im Fernsehen verfolgen werden, hat große Anziehungskraft. Manche verehren einen oder mehrere der beteiligten Päpste. Andere können mit dem katholischen Zauber wenig anfangen, müssen aber doch die Tragweite des Ereignisses anerkennen.

    Dass erstmals zwei Päpste gleichzeitig heiliggesprochen werden, dafür ist allein Franziskus verantwortlich. Seine Entscheidung hat für die katholische Welt spirituelle Bedeutung. Die beiden Päpste können dann weltweit ganz offiziell als Heilige verehrt werden. Die Entscheidung Bergoglios ist aber auch politisch erklärbar und fügt sich in das Bild seiner bisherigen Amtsführung. „Ich denke, es ist eine Botschaft an die Kirche, dass wir die Zeremonie der Heiligsprechung von beiden gemeinsam machen“, sagte Franziskus auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro.

    Niemand hat Franziskus gezwungen, neben dem Polen Karol Wojtyla auch den volkstümlichen Italiener Angelo Giuseppe Roncalli heiligzusprechen. Entgegen den im Kirchenrecht vorgeschriebenen Regeln erließ Franziskus Roncalli das für die Heiligsprechung vorgeschriebene zweite Wunder – eine Praxis, die auch früher in Einzelfällen zum Tragen kam. Im Fall Wojtylas hatte Franziskus keine Wahl. Der innerkirchliche Druck, der die Kanonisation des Polen seit den „Santo-Subito“-Rufen (sofort heilig) bei seinem Begräbnis im April 2005 begleitete, war enorm. Nicht nur polnische Katholiken, viele einflussreiche und konservative katholische Organisationen drängten auf die Heiligsprechung Wojtylas, die nur zwei Jahre nach seiner Seligsprechung und neun Jahre nach seinem Tod in Rekordtempo abgeschlossen wird. Eine Eile, die vor allem Benedikt XVI. zu verantworten hat.

    Man liegt nicht falsch, in der Kanonisation Roncallis ein Gegengewicht zur Heiligsprechung Wojtylas zu erkennen. Für reformorientierte Katholiken ist Johannes XXIII. ein Vorbild, für die Konservativen ein Stein des Anstoßes. Genau andersherum verhält es sich mit Johannes Paul II. Wojtylas Charisma und Spiritualität sind unbestritten, ebenso sein weltweiter Einsatz für Frieden und seine Bedeutung beim Zusammenbruch des Warschauer Pakts. Kritiker werfen ihm vor, die Kirche in autoritärer Manier gesteuert zu haben und sich auf Verbote wie das der Empfängnisverhütung oder Abtreibung versteift zu haben. Kritisiert wird auch, er habe Täter, aber nicht Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche geschützt.

    Wenn Franziskus dem heiligen Wojtyla den heiligen Roncalli zur Seite stellt, ist das auch eine politische Botschaft. Sie bedeutet: Roncallis Weg der Öffnung und Kollegialität ist für die Kirche ebenso wichtig wie der charismatische Konservativismus Wojtylas.

    Roncalli berief das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ein, das sich das aggiornamento (Erneuerung) und die bis heute nicht verwirklichte Öffnung der Kirche gegenüber der Gegenwart zum Ziel setzte. Franziskus fühlt sich wie keiner seiner Vorgänger diesem Geist verpflichtet.

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