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GEMÜNDEN/MÜNCHEN: Leitartikel: Felbinger, die Freien Wähler und die Moral

GEMÜNDEN/MÜNCHEN

Leitartikel: Felbinger, die Freien Wähler und die Moral

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    Der Rückzug von Günther Felbinger aus der Landtagsfraktion der Freien Wähler war überfällig. Hätte er diesen Schritt jetzt nicht getan, hätten ihn die Kollegen vermutlich noch am Dienstag rausgeworfen.

    Zu groß ist der politische Flurschaden, den Felbinger in den vergangenen Monaten angerichtet hat. Längst litten nicht nur die Parteifreunde in seiner unterfränkischen Heimat unter den ständigen Negativschlagzeilen, auch bayernweit haben die Freien Wähler stark an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Und dies jetzt, wo nicht nur die Bundestagswahl, sondern auch die für die Freien Wähler existenzielle Landtagswahl 2018 bevorsteht.

    Die Freien Wähler sind einst auch deshalb in der Landespolitik angetreten, weil sie anders sein wollten als die Etablierten. Weniger parteipolitisches Ränkespiel, weniger Rücksicht auf Lobbyisten und Amigos, das war der Anspruch. Berufspolitiker wollten sie nicht sein, sondern Menschen mitten aus dem Leben, die quasi nebenbei auch Politik machen. Viel davon geblieben ist nicht. Die Freien Wähler sind längst eine Partei wie alle anderen auch, mit Positionen, mal ein bisschen konservativer als die der CSU, mal ein bisschen liberaler. Eine Partei, die zudem sehr gerne an der Seite der CSU in Bayern mitregieren würde.

    Unter den Mandatsträgern der Freien Wähler mögen auch Idealisten sein; bessere Menschen als die Politiker der anderen Gruppierungen sind sie nicht. So war es nur eine Frage der Zeit, dass auch ihre Landtagsabgeordneten mit Verfehlungen auffallen.

    Die naive Hoffnung von Parteichef Aiwanger

    Da ist zum Beispiel der Allgäuer Abgeordnete Bernhard Pohl, vorbestraft wegen schwerer Verkehrsdelikte. Und da ist Günther Felbinger. Der Gemündener, der sich als Schul- und Bildungspolitiker durchaus verdient gemacht hat, räumte im November 2015 Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Werkverträgen ein. Mehrere Zehntausend Euro zahlte er an den Landtag zurück. Mittlerweile hat ihn die Staatsanwaltschaft München wegen Betrugs angeklagt.

    Seit Bekanntwerden der Affäre gab es Rücktrittsforderungen. Felbinger hat sie ausgesessen – mit Rückendeckung von Hubert Aiwanger. Der Partei- und Fraktionschef hatte mit Hinweis auf die Unschuldsvermutung einen klaren Schnitt lange verweigert, selbst als die Anklage feststand. Seine Hoffnung, den Fall Felbinger zumindest bis zu einem Gerichtsurteil durchstehen zu können, war naiv. Sie hat ihn letztlich getrogen. Felbingers instinktloser Umgang mit seiner Krankmeldung hat das Fass zum Überlaufen gebracht.

    Die Furcht vor finanziellen Einbußen

    Hätte der 55-Jährige den Prinzipien entsprochen, für die die Freien Wähler angetreten sind, hätte er mit Bekanntwerden der Verfehlungen bereits vor 20 Monaten einen Schnitt machen müssen. Er hat es nicht getan, weil er ganz offensichtlich finanzielle Einbußen fürchtet. Für Pensionsansprüche müsste der gelernte Sportlehrer die Legislaturperiode im Landtag zu Ende bringen. Diesem Ziel ordnet er alles unter, die Konsequenzen für die Partei und Wahlkämpfer sind ihm egal. Felbingers Verhalten ist erklärbar, richtig ist es deshalb noch lange nicht. Die politische Moral tritt er mit Füßen. Abgeordnete, die so an ihrem Mandat kleben, schüren Politikverdrossenheit.

    Der Rückzug aus der Landtagsfraktion reicht nicht. Einen Austritt bei den Freien Wählern hat Felbinger aber nicht angeboten. Kein Wunder, dass viele in der Partei nun das im Mai eingeleitete Ausschlussverfahren beschleunigen möchten. Um sich im Wahlkampf endgültig von ihm distanzieren zu können.

    Verhalten entspricht nicht dem Wählerauftrag

    Was das Abgeordnetenmandat betrifft, so kann niemand Felbinger zum Verzicht zwingen. Wenn, dann müsste er schon selbst endlich zur Einsicht gelangen, dass sein Verhalten eben nicht dem „Wählerauftrag“ entspricht, auf den er sich am Dienstag abermals berufen hat.

    Wie gesagt, am Ende bleibt das eine Frage der politischen Moral.

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